Universitäten als Verlage

Universitäten zahlen ihren Professoren Gehälter für Forschung und Lehre.
Mit diesem Wissen kann dieser bei einem Verlag Artikel und Bücher veröffentlichen.
Und der Verlag kann sie wieder an die Universitäten verkaufen.
Aus der Sicht der Verlage ein wunderbarer Kreislauf.
Aber wie lange noch? Denn durch die Digitalisierung müssen Universitäten und Autoren nicht unbedingt auf die Dienste von Verlagen zurückgreifen, um zu publizieren.

Universitäten gründen eigene Verlage
Verständlich, wenn in den USA öffentliche Universitäten jetzt aus dem eBook-Geschäft auch selber Geld ziehen wollen. APUS ePress ist eine Art hauseigener Verlag, der die angestellten Dozenten und Professoren gebeten hat, ihre Ideen für eBooks einzureichen und somit die hauseigenen Lehrbücher selber zu publizieren. Ein logischer Schritt.
Hatten bisher schon immer wieder große Universitäten auch Verlagsaktivitäten gezeigt wie z.B. Harvard Business Publishing, Cambridge University Press oder MIT Press, so mussten diese immer neben der Programmarbeit auch bei der Produktion und Distribution wie Verlagshäuser arbeiten oder mit ebensolchen kooperieren. Jetzt gewinnen sie an Unabhängigkeit und sitzen natürlich am längeren Hebel, denn sie haben die wichtigste Ressource: gute Autoren und Inhalte.

Apple verändert mit iTunes U und iBooks Author das Ökosystem
Betrachtet man die Gesamtentwicklung des Marktes, dann fällt natürlich immer wieder der Name Apple: Mit iTunesU und iBooks Author wird das Ökosystem verändern.
Das eine ist die Plattform, auf der der Kunde von der Präsentation über das Video alles kostenlos erhält. Von den besten Universitäten. Wir kennen die Strategie von Google. Biete alles kostenlos an und erhalte dafür den Kundenzugang, die Bindung an die Apple-Gerätewelt und werte zugleich das Apple-Ökosystem auf. Das Ganze noch mit dem Motto “Bildung für alle” und schon hat man einen perfekten Auftritt. Pikiert dürften dabei nur die bisherigen Anbieter von Lehrmaterialien dreinschauen, vornehmlich die Verlage.
Denn mit iBooks Author, wir berichteten schon ausführlich hierzu, erhalten Universitäten und Autoren ein mächtiges Werkzeug, um ihre Inhalte unabhängig von Verlagen zu gestalten und anzubieten.

YouTube und die “Kostenlos-Kultur”
Aber auch YouTube hat jetzt einen eigenen “Erziehungskanal” eingerichtet, YouTube for Schools. Damit wird der Druck auf die traditionellen Anbieter von Lehrmaterialien noch größer. Sie müssen die Qualität ihrer Leistungen verbessern. Denn es reicht natürlich nicht, einfache Videos zu verkaufen. Will man Geld dafür verlangen, muss schon mehr dahinter sein.

Die digitale Lehre
Die Lehre erfolgt heute vielfach schon mit Hilfe digitaler Medien, die die Präsenzveranstaltung begleiten. Kaum ein Dozent, der keine Sammlung an PowerPoint-Präsentationen, digitalisierten Aufsätzen oder statistischem Material hat. Die Lehrbücher hinken schon längst der Realität hinterher. Und das Interesse von Autoren und Lehrern ist groß, sich hier zu entwickeln, wie Erfahrungen auf der learntec und in Feldversuchen zeigen.
Da die Zusammenarbeit an den Universitäten und die Kooperation untereinander ebenfalls immer stärker digital erfolgt, ist der Schritt zur digitalen Publikation nicht weit.
Plattformen wie iversity,  research gate, Academia.edu, Nature Network oder Mendeley zeigen zudem, dass die Zusammenarbeit im digitalen Bereich dann nicht nur über Facebook und google+ läuft, dass die akademische Welt auch eigene Modelle entwickeln wird. Noch stellen sich diese Plattformen nicht in Konkurrenz zu den zitierbaren, teuren Fachzeitschriften. Aber ein erstes Sägen am Ast ist es schon, wenn Autoren hier ihre wissenschaftlichen Artikel kostenlos einstellen dürfen und mit der Zeit eine große Bibliothek entsteht.

Die Aus- und Weiterbildung wird durch die digitalen Medien in den nächsten Jahren eine große Veränderung erfahren. Etablierte Anbieter werden es schwer haben.
Einerseits durch globale Anbieter wie Apple, die die Distribution übernehmen wollen, indem sie die Werkzeuge zur Erstellung von Inhalten zur Verfügung stellen.
Andererseits durch durch die Universitäten und deren Autoren, denen kostenlose Plattformen ebenso zur Verfügung stehen wie die Möglichkeit, kostenpflichtige Angebote selbst zu erstellen und zu vertreiben.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.