Apps für Verlage – drei aktuelle Beispiele der zweiten Generation

Apps waren zunächst die Heilsbringer, weil Apples Ökosystem den Kunden wieder zum Bezahlen verführen konnte nach der von Google geprägten Kostenlos-Kultur im Internet. Nach der ersten Ernüchterung zeichnet es sich jetzt ab, wie das Geschäft wohl funktionieren könnte.

Die erste frohe Botschaft lautet natürlich, dass die Produktion deutlich billiger geworden ist. Man muss nicht mehr 50 T€ hinblättern, um ein paar Funktionalitäten zu erhalten, die dann auch noch zu verächtlichen Kommentaren in den Stores geführt haben. Es gibt mittlerweile ausgereifte Frameworks und Anbieter wie cleverlize, die ein Content-Management-System gleich mitliefern, eine Art Anleitung zum Selberbauen.

Die zweite Botschaft ist: Eine App muss kein Schweizer Messer sein. Verlage haben auch zunehmend erkannt, dass die erste Botschaft die folgende ist: Ich muss sein, wo der Kunde ist. Nicht mehr, und nicht weniger. Die Art der App hängt vom Inhalt und der Funktion für den Kunden ab. Manche brauchen nur einen Zugang zu einer mobilen Website, manche ein schickes Magazin und wieder andere eine “richtige” Applikation.

Hier drei aktuelle Beispiele aus den USA, die anknüpfen an unsere Serie zu nativen Apps und Web-Apps.

Die einfache App für crossmediales Publizieren

 

The Awl ist ein literarisch angehauchter Webauftritt mit wenig Geld für Extras. Die relativ einfach gestrickte App ist ein Lesebuch, das die wichtigsten Artikel zusammenfasst und dem Leser für eine geringe Gebühr zur Verfügung stellt. Das kleine Buch für nebenbei, wenn das Suchen auf der Seite zu viel wird und man längere Artikel in Ruhe lesen will. Die App bietet ein anderes Leseerlebnis als die Seite, bietet sich in einer anderen Umgebung an und bietet durch die kuratierten Artikel auch einen Mehrwert.

Sie ist ein Musterbeispiel für crossmediales Publizieren.

 

 

 

Das Content Management System für hochwertige Inhalte

 

 

 

MAZ bietet vor allen den Magazinverlegern wie Inc und Bust die Möglichkeit, ihre Hochglanzwerke zu einem relative geringen Preis (299$/Monat + 20 cent/Exemplar) auch als App anzubieten. Ein einfach zu bedienendes System macht aus der PDF-Vorlage eine App, die zum Teilen und Chatten einlädt. Interaktion ist vor allem bezogen auf das, was der Kunde daraus macht, nicht die aufwändig gestalteten Inhalte.

Interaktion ist die Nutzung von social media  und der Austausch mit anderen über die gelesenen Inhalte. Die Kunden können Bildchen oder Texte gleich in ihren Netzwerken mit anderen teilen, kommentieren und belächeln. Und wer will, kann die aufgeführten Produkte auch noch gleich kaufen.

Der Vorteil liegt darin, dass die Entwicklung und Anpassung ganz in den Händen der Agentur liegen und die Konzentration auf dem Kernkompetenzen, dem guten Inhalte, bleibt.

Der Nachteil ist natürlich die Abhängigkeit vom Anbieter bezüglich des Content Management Systems. Es ist klar, dass hier erstmal nur in Serie produzierter Inhalt für den Appmarkt vorliegt.

Auch Forbes hat mit MAZ seine App neu auf den Markt gebracht, dabei aber zuvor noch den eigenen Webauftritt den digitalen Bedürfnissen angepasst und multimedialen Content aufgebaut. Auch hier ist die Kombination von PDF-Vorlagen, neuen, multimedialen Inhalten und die Nutzung der vorliegenden Inhalte in den sozialen Netzwerken der Vorteil.

 

Die Web-App – oder der Weg zum Geld führt nicht über Apple

 

Die Financial Times wollte nicht einsehen, dass man auch für über Apple gewonnene Abos nochmal 30% zahlen soll – und hat sich für eine Web-App entschieden. Diese wird über den Browser geladen und die Abrechnung erfolgt direkt über die FT. Und Kunden von Apple können dies über eine eigens für das iPad und iPhone optimierte App ebenfalls machen, indem sie nicht über den iTunes-Store, sondern über Safari auf die FT zugreifen.

Nach eigenen Angaben sind die Besucher über Apple sogar gestiegen in den letzten Monaten.

Leisten kann sich ein derartiges Angebot der, der schon über eine große Kundengruppe verfügt und mit den eigenen Kundendaten auch etwas anzufangen weiß. Der Spiegel hat dies in Deutschland vorgemacht.

 

 

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.