Mobile Publishing: Update März 2015

Die aktuellen Zahlen aus dem UK zeigen einen stabilen Print-Markt und ein ungebrochenes Wachstum des eBooks. Währenddessen herrscht in der deutschen Diskussion große Skepsis. Facebook bemüht sich um Diversifizierung an allen Fronten und will sich zum universellen Plattform-Anbieter entwickeln. Und die Süddeutsche Zeitung relauncht konsequent ihre Online-Plattform. Was hat sich getan im mobilen Publizieren im März? Wir zeigen wie jeden Monat die wichtigsten Trends und Entwicklungen:

So entwickelt sich der Markt

Buch vs. eBook, Print vs. Digital: Der Blick in die deutsche und internationale Debatte über die aktuelle Marktentwicklung zeigt wie immer ein höchst heterogenes Bild. Der eBook-Distributor Readbox hat im März eine Zusammenfassung seines Geschäftsjahres 2014 veröffentlicht, als Infografik mit einigen höchst interessanten Einsichten in den deutschen Markt, vor allem was die Verteilung der eBook-Shops angeht. Die aktuelle Diskussion über Digitalmedien haben wir in einem eigenen Artikel zusammengefasst. Dazu passt thematisch sehr gut die Übersicht von Meedia über die Umsatzentwicklung im deutschen Zeitschriftenmarkt. Da zeigt die Kurve bei den meisten Anbietern leider schnurstracks nach unten.

Ein deutlich anderes Bild zeigt der internationale Markt: Publishing Perspectives berichtet über die jüngste Marktstudie von Nielsen BookInsights zum Buchmarkt im UK. Hier ist der Gesamtmarkt stabil bis leicht steigend – und der Anteil der eBooks geht stetig nach oben. Kein Wunder, zieht man die Zahlen zu Rate, die im englischsprachigen Raum erhoben werden, wie eine Infografik zur Popularität des digitalen Lesens bei ebookfriendly.com zeigt. Im UK kann also von einem eBook-Plateau keine Rede sein, ganz im Gegenteil zu den USA.

Doch auch hier muss man das Bild differenziert sehen, wie Dan Cohen in seinem Artikel “What’s the matter with ebooks” zeigt. Er führt hier das Konzept des “dark reading” ein, das die vielen Wege bezeichnet, auf denen digitale Inhalte gelesen werden, ohne dass dies in Branchenstatistiken noch erfasst würde. Und wer wirklich tiefe Einblicke in das aktuelle Nutzerverhalten bekommen möchte, dem sei eine Studie zum digitalen Lesen in Belgien empfohlen, die jüngst bei Smartbook erschienen ist. Zwar ist der Marktfokus doch recht klein, aber die Zahlen zeigen eine außergewöhnlich detaillierte Perspektive auf die Mediennutzung

Was macht Apple? Im Februar noch als Gerücht gehandelt, scheinen sich Apples Pläne für die Entwicklung von Elektro-Autos zu konkretisieren, es sollen auch bereits andere Hersteller Interesse an der Mitarbeit haben. Und nach vielen Monaten der Ankündigungen und sorgsam dosierten Leaks wird im Frühjahr nun endlich die Apple Watch auf den Markt kommen. Daneben gibt es nach langer Zeit auch einmal wieder interessante News aus dem Content-Bereich: Nach der Übernahme von Beats arbeitet Apple an einem Flatrate-Modell für Musik als Konkurrenz für Spotify und Konsorten, dazu soll im Herbst angeblich ein eigener TV-Streamingdienst starten.

Facebook: Auf dem Weg zum reinen Plattform-Ökosystem? Anläßlich seiner F8-Konferenz brannte das soziale Netzwerk ein wahres Feuerwerk an Ankündigungen und Innovationen ab: Bereits im Vorfeld machte der Plan Furore, amerikanischen Publishern die Möglichkeit zur Direktveröffentlichung von Inhalten auf Facebook zu geben. Einen guten Überblick über die F8-News gibt es bei Quartz, eine Zusammenfassung über die Pläne mit dem Facebook Messenger bei Readwriteweb. Von Business-Integration über eine Bezahlfunktion bis hin zu einem eigenen Appstore für Messenger-Apps ist hier alles geboten, um den Messenger zu einer eigenen Web-Plattform aufzubauen.

Sehr gut passt dazu auch Benedict Evans’ Analyse des aktuellen Stands der Messenger-Apps in der mobilen Welt. Aber damit nicht genug. Auch WhatsApp soll ausgebaut werden und wird als nächstes eine Telefonie-Funktion spendiert bekommen. Ebenfalls auf der F8 gezeigt wurden die Planungen im Bereich Virtual Reality und Augmented Reality, die Facebook seit dem Kauf von Oculus verfolgt. Und einen guten Gesamtüberblick über die Entwicklung geben die Netzpiloten in einer sehr lesenswerten Analyse, die insbesondere Facebooks Bemühungen um Diversifizierungen gut auf den Punkt bringt.

 

Das ist die Zielgruppe

Was macht die Generation Y? Wie sich Mediennutzung in der jungen Generation entwickelt, ist sicher einer der großen aktuellen Diskussionen. Aktuell ist dazu in den USA eine Studie des Anbieters Publishing Technology erschienen, die uns höchst lesenswert erscheint – denn sie zeigt sowohl die steigende Souveränität in der Nutzung von Digitalmedien, als auch die Persistenz des gelernten Verhaltens in der analogen Welt. Die Studie steht zum Download bereit bei Publishing Perspectives, eine Zusammenfassung findet sich bei InfoDocket. Einen Kommentar zu diesen und anderen Studien haben wir aktuell im März gegeben. Und einen ersten Blick in die Ergebnisse gibt es hier auf Slideshare:

 

Millennials & Media from Publishing Technology

 

Helfen Tablets im Klassenzimmer wirklich? Oder kommen dadurch nur die Ablenkungen der digitalen Welt auch in der Lehre in die Quere? Ausgerechnet das Techie-Blog Gizmodo stellt sich diese Frage, kommt dabei aber zu verblüffend differenzierten Ergebnissen. Bei Digital Book World dagegen findet sich eine Analyse darüber, warum so viele Kinderbuch-Apps so relativ erfolglos sind: Die meisten verlassen sich hauptsächlich auf flippige Effekte und vernachlässigen das Storytelling. Ein wirklich schönes Modell für Kinder-Apps beschreibt dagegen Smartbooks: in den “Me Books” können Kinder Geschichten nicht nur anschauen, sondern auch selber ergänzen, weiterschreiben und mit ihren Freunden teilen. Einen ersten Einblick gibt das Trailer-Video:

 

 

Dieses Produkt will der Kunde

Wege in die Zukunft: Semantico zeigt in seinem Artikel fünf Trends für digitalen Content, mit denen sich Publisher in Zukunft auseinander setzen müssen. Joe Wikert beschäftigt sich mit Abo- und Flatrate-Modellen und zeigt, wie sich das eBook-Abo in Zukunft entwickeln könnte und wie Flatrate-Anbieter neue Mehrwerte für ihre Kunden schaffen können. The Bookseller beschreibt innovative Modelle und Beispiele, mit denen Verlage aktuell ihre Geschäftsmodelle neu entwickeln. Und Joanna Penn entwirft ihre Vision der Buchhandlung von übermorgen: Mit Virtual Reality und individueller Kuratierung könnten ganz neue Formen der Kundenansprache geschaffen werden.

Crossmedia über alle Kanäle? Eine Reihe von Anbietern versucht sich momentan daran, Inhalte quer über die verschiedensten Medienformen zu entwickeln. Niantic Labs, immens erfolgreich mit dem AR-Game “Ingress”, hat jüngst damit begonnen, auf Basis des Spiels eine TV-Serie zu entwickeln. Ebenfalls von Niantic Labs kommt ein weiteres AR-Game: Länger schon angekündigt, hat das Spiel zum James Frey-Bestseller “Endgame” gerade seine Beta-Phase gestartet. Spielzeug-Anbieter LEGO hat nicht nur Herausforderungen der digitalen Welt begriffen und integriert seine eigene Produktwelt mit der des PC-Spiels Minecraft, sondern diversifiziert sich ganz aktuell mit dem Aufbau einer eBook-Reihe zu den erfolgreichsten Produkten. Und schon länger am Markt ist das Netwars-Projekt von Bastei Lübbe: Die Inhalte werden hier parallel als TV-Doku, Web-Portal, Graphic-Novel-App, eBook, Hörbuch und Print-Buch entwickelt. Publishers Weekly würdigt das ambitionierte Projekt mit einem Überblicksartikel.

Die Süddeutsche Zeitung in der digitalen Welt: Für Interessenten digitaler Welten ist die SZ aus München einer der interessantesten Akteure. Mit einer gesunden Mischung aus Zielstrebigkeit und Experimentierfreude werden hier immer wieder neue Modelle entwickelt, um der digitalen Welt sowohl in der Kundenansprache als auch in den Geschäftsmodellen gerecht zu werden. Letztes Jahr kam die SZ in Anlehnung an ihre Print-Produkte mit einer eBook-Edition auf den Markt, die höchst erfolgreich war. Und 2015 startete als erstes mit Langstrecke ein Experiment für Zweitverwertung von Longreads aus der Zeitung: Nachdem wir im Februar noch einen Werkstattbericht gegeben haben, ist die dazugehörige Crowdfunding-Kampagne inzwischen zuende gegangen und die erste Ausgabe erschienen, wie Projektleiter Dirk von Gehlen in seinem persönlichen Fazit beschreibt.

 

Süddeutsche Zeitung Langstrecke – das Pitchvideo from Süddeutsche Zeitung on Vimeo.

 

Ganz aktuell ist auch die Web-Version der SZ in neuem Gewand relauncht worden: Erstmals ist die gesamte Zeitung und auch das SZ-Magazin online verfügbar. Mit einer Mischung aus freiem Bereich, kostenpflichtigem Content, einer “metered paywall”, neuer Portal-Gestaltung und neuen Wegen zum Leser-Dialog entwickelt hier die SZ ihre Online-Strategie. Alle Neuerungen im Überblick gibt es bei der SZ selbst zu lesen, während Online-Chef Stefan Plöchinger auf seinem Blog seine Philosophie der agilen Medienentwicklung erläutert.

 

Die Umsetzung

Wie können Unternehmen digitale Medien einsetzen? Unbestreitbar befinden sich die meisten Digitalmedien immer noch in ihrer “Sandkasten-Phase” des Experimentierens – mit allen notwendig folgenden Fehlschlägen und Sackgassen. Anja C. Wagner beschreibt in ihrem Artikel “10 Irrtümer zum Einsatz digitaler Medien in Unternehmen”, ein anregender Beitrag für alle, die ihre (Vor-)urteile wiederfinden.

 

Wir wünschen wie immer fruchtbare Lektüre!

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Veröffentlicht von

www.dpc-consulting.de

XML- und Digital-Publishing-Professional mit Leib & Seele, seit Berufseinstieg in verschiedensten Projekten rund um Content-Management und Datenbank-basiertes Publizieren unterwegs. Seit 2012 selbständig als Berater und Trainer für digitales Publizieren.