Content Marketing für Buchverlage: das Beispiel Penguin Books

Vielfach haben wir in den letzten Jahren auf die Möglichkeiten für Verlage hingewiesen, ihre Inhalte über attraktives Content Marketing zu veröffentlichen und neue Wege in der Online-Vermarktung zu gehen. Natürlich ist es dabei entscheidend, die richtigen Plattformen zu wählen, auf denen die eigenen Zielgruppen unterwegs sind und mit passender Tonalität auf authentische Weise die eigene Marke zu kommunizieren. Heute wollen wir das Fallbeispiel eines Verlags betrachten, der die Klaviatur des Content Marketing meisterlich beherrscht: Penguin Books.

Als Publikumsverlag mit langer Tradition hat Penguin Books entsprechend breit gestreute Themen und Zielgruppen. Welche Netzwerke und Content-Bausteine werden vom Verlag genutzt? Und wie spielen die Kanäle zusammen? Ein Überblick über die Content-Strategie:

 

Verlags-Website und Content-Blog: die Content-Zentrale

Als Dachplattform für alle Kanäle des Verlags wird die zentrale Domäne www.penguin.co.uk verwendet. Anders als bei vielen anderen Verlags-Auftritten ist die Seite aber weder als reiner Online-Shop noch als Unternehmens-Präsentation aufgebaut, sondern stellt die Inhalte deutlich in den Vordergrund. Die Startseite teasert in regelmäßigem Wechsel auch Produkte an, besteht aber auch immer aus den Elementen Blog-Beitrag, Video, Podcast und Events, die wie einzelne Bausteine nebeneinander gestellt werden. Die Seite enthält natürlich auch einen Shop, der sich aber visuell angenehm im Hintergrund hält.

Neben die Verlagsseite gesellt sich der Content-Blog: in Pinterest-artigem Tapeten-Stil werden hier regelmäßig längere Blog-Beiträge gepostet, die sich meist an aktuellen Anlässen aufziehen, etwa an Autoren-Geburtstagen, historischen Ereignissen wie dem Jubiläum der Magna Charta, dem Vatertag mit entsprechender Marketing-Aktion, oder literarischen Ereignissen. Die Penguin-Backlist ist natürlich breit genug, um hier nahezu immer auch einen Produkt-Verweis anbringen zu können. Aber den Beiträgen merkt man doch deutlich eine sorgfältige redaktionelle Auswahl an, ebenso wie einen Stil, der stets werthaltige Inhalte zum Thema präsentiert, die über reines Produktmarketing deutlich hinaus gehen.

 

der penguin-blog

Verlags-Website und Content-Blog: das Zentrum jeden Content-Marketing-Strategie (Quelle/Copyright: http://penguinblog.co.uk)

 

Facebook und Twitter: die Standard-Kanäle

Facebook und Twitter dürften mittlerweile zu den Social Media-Channels gehören, die bis auf wenige Ausnahmen unbedingt ins Portfolio der Kundenzugänge gehören. Und natürlich ist Penguin hier ebenfalls vertreten. Die Facebook-Seite von Penguin wird etwa ein- bis zweimal täglich mit Content bespielt, dabei werden stets starke visuelle Elemente verwendet und in der Regel auf Content vom Verlagsblog oder den anderen Social-Media-Kanälen verlinkt. Bemerkenswert sind hier aber weniger die knappen 400.000 Fans der Seite – bei einer Marke mit einer Breitenwirkung wie Penguin kaum verwunderlich – sondern der relativ hohe Interaktionsgrad der einzelnen Posts.

 

penguin auf facebook

Die Facebook-Seite von Penguin Books glänzt nicht nur durch viele Fans, sondern durch den Interaktionsgrad – wie hier bei einem Post zur britischen “Independent Bookshop Week” (Quelle/Copyright: http://www.penguin.co.uk/)

 

Auf Twitter ist Penguin mit seinen diversen Teilverlagen schon relativ lange unterwegs: Bereits 2012 wird von einer außerordentlich erfolgreichen Buchclub-Aktion von @PenguinUSA berichtet, die bis heute auch auf der Verlagsseite weitergeführt wird. Der zentrale Twitter-Account @PenguinUKBooks wird dagegen vor allem zum Weiter-Posten von Content auf anderen Kanälen verwendet – der Twitter-typische Telegramm-Stil scheint dabei aber durchaus anzukommen, denn die etwa eine Million Follower sprechen für sich.

Noch interessanter wird es dabei aber sicherlich werden, wenn die neuen Möglichkeiten für Marketing und Vertrieb auf Twitter noch stärker im Buchbereich genutzt werden können. Ganz aktuell in der Diskussion sind die Produktseiten und Collections, die als neues Marketing-Tool integriert worden sind. Und auch hier ist man vorne mit dabei: Wie Nate Hoffelder berichtet, ist Penguin einer der Testkunden für dieses Feature. Wie das in der Praxis aussieht, ist am Beispiel des Titels “The Martian” von Andy Weir als Produktseite, bzw. als Collection “9 Reads for the Red Planet” zu bewundern – “Buy on Twitter”-Buttons dabei inbegriffen:

 

penguin auf twitter

Produktpräsentation auf Twitter, “Kaufen”-Button inklusive – so sieht es in der Praxis aus (Quelle/Copyright: http://www.penguin.co.uk/)

 

Pinterest und Instagram: visuelles Marketing

Von den gängigen Foto-Plattformen werden Pinterest und Instagram bespielt, allerdings jeweils mit deutlich unterschiedlichem Content. Die Pinterest-Präsenz bietet sich natürlich hervorragend dazu an, das eigene Portfolio mit Buch-Covers zu präsentieren. Thematisch sortierte Boards wie “Thrilling Science Fiction”, “Pack your bags for a literary odyssey”  oder “For Art Lovers” eignen sich wunderbar dafür, spezielle Zielgruppen anzusprechen. Ähnlich zu den bereits früher bei uns vorgestellten Beispielen aus den USA wird hier natürlich gerne direkt in den Shop verlinkt – eine Möglichkeit, die sicher noch attraktiver für Verlage werden wird, wenn die von Pinterest annocierten “buyable pins” mit direkter eCommerce-Schnittstelle hierzulande verfügbar werden. Neben dem eigenen Portfolio bietet Penguin hier aber auch noch genug Boards mit völlig Produkt-unabhängigem Content wie “Libraries we love” für die Liebhaber des Buchs an sich, oder auch “150 Years of Alice in Wonderland” als reine Sammlung von Artworks und Zitaten zum Buchklassiker.

penguin auf pinterest

Von der Buchcover-Sammlung bis zu alterwürdigen Bibliotheken: Penguin auf Pinterest. #bookporn, wie man auf Twitter sagen würde… (Quelle/Copyright: http://www.penguin.co.uk/)

 

penguin auf instagram

Penguin auf Instagram: das Buchportfolio wird im Quadrat inszeniert (Quelle/Copyright: http://www.penguin.co.uk/)

Auch auf Instagram spielen die Produkte des Verlages eine große Rolle, aber hier werden sie in den eigenen Posts eher in Szene gesetzt als direkt abgebildet: Vom Verlags-Pinguin in immer wieder anderen Kontexten, schönen Buchhandlungen, farblich sortierten Bücherregalen, bis zu einzelnen Titeln in jeweils passenden Hintergründen – die Möglichkeiten zur fotografischen Inszenierung einer Marke werden hier wunderbar ausgenutzt. Man muss dem Verlag natürlich lassen, dass die Gestaltung der Titel ohnehin ein sehr starkes Corporate Branding besitzt, das sich für diese Art der Präsentation optimal eignet – aber dem Account wie auch den User-Fotos zu Penguin-Büchern merkt man einfach an, dass hier Marketing-Profis am Werk sind. Einzig mit dem Hashtag #penguininstagram für User-Fotos hat man ein wenig daneben gelangt: der wird leider nur sehr wenig für Bücher verwendet, und sehr viel für Polar-Fotos. Spannend wird es auch hier sicherlich werden, wenn neue Werbeformen wie die Carousel Ads von Instagram hier Einzug halten – die erste Foto-Serie mit einem “Buch-Unboxing” steht sicherlich schon vor der Tür…

 

Youtube: die Evolution des Buchtrailers

Der Youtube-Channel von Penguin präsentiert sich – neben einzelnen Kanälen für historische Themen oder zu kreativem Schreiben – weitgehend als eine Zusammenstellung von Buch-Trailern. Die Wirksamkeit von Buch-Trailern als Marketing-Medium ist ja unter Buchmenschen durchaus umstritten, und auch dem Penguin-Channel sieht man längeres Herumexperimentieren im Laufe der Zeit an. Dominieren in der Anfangszeit noch relativ platt gemachte Produkt-Präsentationen wie der sehr konventionelle Trailer zum Apokalypse-Schinken12-21 – The end of the world, so haben die Macher mittlerweile deutlich dazu gelernt.

Mit The Shepherd’s Life oder “Words to live by” werden Bücher so präsentiert, dass die Filme wirklich für sich stehen können und abseits der Produktreklame einen eigenständigen ästhetischen Wert haben. Beispielhaft zeigt das auch der Trailer zur Hörbuch-Version eines Jo Nesbo-Titels, gelesen von Patti Smith – akustisch wie typografisch stimmungsvoll in Szene gesetzt:

 

 

Soundcloud und Spotify: Podcasts und kuratierte Playlists

Audio-Netzwerke gehören ja nicht unbedingt zu den ersten Plattformen, an die man beim Marketing für einen Buchverlag denkt. Doch Penguin geht auch hier neue Wege: Mit Soundcloud wird eine Plattform bespielt, die vor allem von User Generated Content lebt und die ihren Erfolg vor allem Musikern und DJs, aber auch Podcastern verdankt. Der Soundcloud-Channel von Penguin besteht denn auch aus einer Mischung aus Hörbuch-Auszügen und einem Literatur-Podcast. Auffällig ist dabei, dass der Penguin-Podcast durchweg sehr viel mehr Hörer findet als die kurzen Exzerpte der Produkte – die erfolgreichste Folge hat es auch 25.000 Plays gebracht. Parallel wird der Podcast auch über iTunes vertrieben.

Ausgesprochen originell ist auch die Nutzung von Spotify als Content-Marketing-Plattform: Bereits vor einiger Zeit hatten wir auf die Musik-Streaming-Plattform und ihre Möglichkeiten für Musiker und Bands hingewiesen. Penguin wählt hier für seinen Channel den Weg, kuratierte Playlists aus dem Bestand der Plattform zusammenzustellen. Mit Playlists wie dem Soundtrack zu “High Fidelity” von Nick Hornby, “Songs inspired by books” oder “Lines from books” versucht man, die Schnittmenge zwischen Buch- und Musikliebhabern anzusprechen. Die Followerzahlen halten sich allerdings bisher noch deutlich in Grenzen – sicher weil diese Schnittmenge an Nutzern besonders schwer eindeutig anzusprechen sein dürfte und die Möglichkeiten von Spotify zum gezielten Account-Aufbau eher begrenzt sind.

 

penguinbooks auf spotify

Penguin auf Spotify: Playlists mit Buch-Themen als Weg zur Kundenansprache (Quelle/Copyright: http://www.penguin.co.uk/)

 

Was sonst noch so bespielt wird

penguin bookwheel

Das “Bookwheel” – zu Recht eine viel gelobte Landing-Page für die “Little Black Classics”-Kampagne (Quelle/Copyright: http://www.penguin.co.uk/)

Neben diesen Hauptplattformen für den Content existieren natürlich unzählige Landingpages und Satelliten-Anwendungen für Produkte, Kampagnen und einzelne Zielgruppen: Für Liebhaber der Buchgestaltung wird der Tumblr-Blog “Penguin by Design” bespielt. Angehende Autoren werden auf der Hauptseite abgefangen und nicht ganz uneigennützig auf die Penguin-eigene Selfpublishing-Plattform Author Solutions umgeleitet. Daneben gesellen sich einzelne Marketing-Maßnahmen wie die viel gelobte Kampagne für die “Little Black Classics”, gekrönt von einer innovativen Landingpage für die Reihe, oder auch die sehr schön umgesetzte “books in browsers”-Lösung für das digital relaunchte Imprint Pelican Books.

All dies sind aber gute Beispiele für punktuelle Aktivitäten, die als Solitär wahrscheinlich verpuffen würden und nur im Verbund mit den anderen Content-Marketing-Plattformen sinnvoll sind. Erst durch das Zusammenspiel der vielen Content-Hubs ergeben sich die Multiplikatoren-Effekte, auf deren Basis eine Kampagne entsprechende Traktion erhalten kann.

 

Kritische Erfolgsfaktoren für das Content Marketing

Natürlich werden sich viele Verlage damit schwer tun, mit dem Marketing-Budget einer weltweit bekannten Marke wie Penguin mitzuhalten. Und einzelnen Bausteinen merkt man deutlich an, dass hier viel experimentiert wurde, bis das Marketing die von der langjährigen Leiterin Anna Rafferty beschriebene geänderte Rolle auch ausfüllen konnte. Dennoch zeigt das Beispiel deutlich, worauf beim Content Marketing zu achten ist:

  • Auswahl der Content-Plattformen und Kanäle danach, wo die eigene Zielgruppe zu finden ist
  • Mediengerechte Aufbereitung der Inhalte für die eigenen Kanäle mit einer starken Content-Redaktion
  • Entwicklung einer eigenständigen Tonalität und eines Stils, der die eigene Marke authentisch kommuniziert
  • Zusammenführung der vielen verschiedenen Kanäle auf der eigenen Web-Präsenz
  • Dezente, aber vom Kunden einfach nutzbare eCommerce-Schnittstellen

 

 

Veröffentlicht von

www.dpc-consulting.de

XML- und Digital-Publishing-Professional mit Leib & Seele, seit Berufseinstieg in verschiedensten Projekten rund um Content-Management und Datenbank-basiertes Publizieren unterwegs. Seit 2012 selbständig als Berater und Trainer für digitales Publizieren.