Mobile Publishing: Update März 2016

Ja, jetzt kann man seine Dateien auch als EPUB speichern, wenn man auf Google docs arbeitet. Und dass, wo doch so spannende Entwicklungen im Markt zu beobachten sind, vom Pricing bis zu Streaming-Modellen, von Bastei bis Rowohlt. Schade, dass zeitgleich der eBook-Markt nicht mehr so wächst – aber dafür bietet der Appmarkt schöne Möglichkeiten im Design und nicht zu vergessen sind die vielen Daten, die ja erst neue Angebote ermöglichen. Aber lesen Sie selbst, was der letzte Monat so an Neuerungen gebracht hat:

So entwickelt sich der Markt

Die Kurve zeigt nach unten: In der Gesamtentwicklung befinden sich Buchmarkt wie eBook-Markt aktuell eher in Katerstimmung. Für den deutschen Markt zeigen die aktuellen GfK-Zahlen recht deutlich einen langsamen, aber stabilen Abwärtstrend. Und auch die aktuellen AAP-Zahlen für die USA sehen nicht gut aus – angesichts der Entwicklung wird eventuell doch der eine oder andere US-Verlag das frisch ausgehandelte Agency-Pricing-Modell bereuen. Die Publishing Perspectives stellen dagegen ausführlich, aber deprimierend dar, warum es in Europa für alles mögliche einen freien Markt gibt, nur nicht für eBooks. Wie gut, dass Knut Nicholas Krause auf die Aktivitäten von Bastei-Lübbe hinweist und Sarah Mirschinkas Vortrag über Pricing von eBooks und Vertrieb auf der Leipziger Messe würdigt.

Barnes & Nobel gibt den UK-Markt auf: Und natürlich gibt es bei dieser Entwicklung bereits die ersten Verlierer. Barnes & Nobel hat zwar mit seinem hauseigenen Nook-Reader einen ambitionierten Start für ein eigenes eBook-Ökosystem hingelegt, aber schon die Kooperation mit Microsoft im Nook-Segment stand unter keinem guten Stern. Nachdem Anfang März spektakuläre Verluste in der Nook-Sparte gemeldet wurden, hat das Unternehmen schnell und radikal reagiert: Der Geschäftsbetrieb im UK wird quasi sofort eingestellt, den Kunden bleibt nach Informationen von Barnes & Noble nur übrig, zum Fulfillment-Anbieter Sainsbury Entertainment zu wechseln, wenn sie ihre gekauften eBooks weiter nutzen möchten:

 

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Der Abschiedsbrief von Barnes & Noble an seine UK-Kunden: eine weitere Erinnerung daran, dass man mit eBooks aktuell in der Regel eben doch nur ein durchaus beschränktes Nutzungsrecht erwirbt.

 

Die Technologien zur Umsetzung

Innovationen fürs eBook: Auch wenn sich in den letzten Jahren in diesem Bereich viel getan hat, jedem eBook-Produktioner ist klar, dass bei Herstellungsprozessen und Gestaltung von eBooks noch jede Menge Luft nach oben ist. Eine Umfrage unter eBook-Herstellern aus einer aktuellen Masterarbeit zeigt, wo die deutschen Publikumsverlage momentan stehen: von Produktionsmengen über die Tools zur Herstellung bis zu Themen wie DRM-Einsatz, Font-Einbettung und Qualitätssicherung sind hier spannende Ergebnisse gesammelt.

 

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Die bunte Welt der eBook-Produktionsprozesse – aus der Umfrage zur Herstellung von eBooks (Quelle/Copyright: Nils Tiemann / @NilsTiemann)

 

Vom US-Dienstleister Kevin Callahan kommen eine Reihe von nützlichen Tipps für die Feinarbeiten bei der eBook-Produktion, gesammelt in einem Beitrag für Digital Book World. Und Joe Wikert macht sich Gedanken darüber, wie man eBooks mit Verzeichnissen, Übersichten und alternativen Content-Zugängen zusätzlichen Mehrwert geben kann.

Aber auch bei den Tools tut sich immer wieder erfreuliches: Aktuell hat sich Google Docs in die Reihe der EPUB-Tools eingereiht. Und iBooks, der Standard-eBook-Reader im Apple-Ökosystem, ist mit dem aktuellen Release iOS 9.3 mit einigen sehr erfreulichen Funktionen erweitert worden. Weit in die Zukunft gedacht sind dagegen die Pläne von Google: zwei aktuelle Patente zeigen, wie sich das Unternehmen das eBook von übermorgen vorstellt.

App-Design – so klappt es mit dem Kunden: Die Unkenrufe vom “Ende der App-Ära” haben sich nach der aktuellen Marktentwicklung doch als geringfügig übertrieben herausgestellt. Umso wichtiger ist es aber 2016, bei Design und Umsetzung alles richtig zu machen, um in der Masse der App-Stores noch hervorzustechen. Auf der einen Seite hilft dabei, dass die Mobilbetriebssysteme stetig besser werden, wie das aktuelle iOS-Release zeigt.

Auf der anderen Seite gibt es mittlerweile jede Menge des notwendigen Handwerkszeug zur freien Verfügung, denn viele Entwickler bauen nicht nur hervorragende Apps, sondern veröffentlichen ihre Erkenntnisse auch. Eine tolle Informationsquelle ist beispielsweise die Microsite “Designing for mobile moments” von Google, auf der Nutzerstudien, Fallbeispiele und technisches Know-how zur erfolgreichen Mobilentwicklung gesammelt ist. In eine ähnliche Richtung geht beispielsweise auch das “Mobile App Playbook” von Twitter.

Ein ganz besonderes Thema beim App-Design sind Push-Benachrichtigungen –  heiß geliebt vom Marketing, aber auch ein effizientes Mittel, Nutzer bei schlechtem Design in den Wahnsinn zu treiben. Damit der Einsatz nicht nach hinten los geht, zeigt prototypr.io auf seinem Blog die “Do’s und Dont’s für App-Notifications”.

 

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Push-Notifications: Ein zweischneidiges Schwert, das vorsichtig eingesetzt werden möchte, soll der Nutzer nicht mit Nachrichten überflutet werden.

 

Dieses Produkt will der Kunde

eLearning für die Zukunft: Einer der Produkttypen, bei denen digitale Produkte besondere Chancen bieten, sind Lehrbücher und didaktische Inhalte. Dennoch ist es gerade hierzulande immer noch so, dass nur wenige Plattformen diese Chancen auch tatsächlich nutzen. Warum zum Beispiel eBooks als Medium für Lehren und Lernen noch quasi unbenutzbar sind (und wie man das ändern könnte), zeigt prototypr.io in einem aktuellen Blogbeitrag. Wie man mit Ansätzen rund um Blended Learning die digitale Lehre anschieben kann, haben wir jüngst in einem eigenen Beitrag zusammengefasst. Und einen didaktisch interessanten Ansatz zeigt O’Reilly mit einer frisch gelaunchten “Oriole”-Plattform: Problemstellungen aus Programmierung und Systementwicklung werden hier mit einer Web-basierten Lösung vermittelt, die als Media-Mashup aus Video-Tutorial, Text-Erklärungen, Code-Beispielen und interaktiven Komponenten aufgebaut ist.

 

So erreiche ich den Kunden

Mit eBook-Analytics den Kunden entschlüsseln: Die im Web mittlerweile gängigen Analytics-Methoden auf eBooks zu übertragen, das ist die Mission von Andrew Rhomberg mit seiner Firma Jellybooks. Auf Basis seiner ersten größeren Projekte sind aktuell einige höchst spannende Artikel mit den zentralen Insights erschienen, unter anderem bei Digital Book World oder auch in der New York Times. Wie immer bei Analytics-getriebenen Ansätzen wird es dabei aber erfolgskritisch sein, nicht nur Zahlen zu sammeln, sondern daraus auch die richtigen Schlüsse für Portfolio-Entwicklung und Vermarktung zu ziehen.

Und was man alles aus der Sicht eines globalen Ökosystems braucht, um die Kunden zu entschlüsseln, das zeigt ganz schön die Diskussion um den Beitrag über eine mögliche “Facebook-Suche” von Jens Wiese: Die Frage ist berechtigt, denn Facebook unternimmt alles, um dem Kunden so nah wie möglich zu sein. Und doch steht das Unternehmen vor vielen kaum zu lösenden Fragen, will es ebenso viele und gute Daten erhalten wie Google das schon macht.

Neue Plattformen im deutschen Markt: Schon länger in Deutschland unterwegs ist Readfy mit seinem Modell einer kostenlosen, aber werbefinanzierten eBook-Flatrate. Nach einer weiteren Finanzierungsrunde versucht sich das Startup an einem Ausleihe-Modell für eBooks – grundsätzlich eine spannende Idee, bei der es wahrscheinlich erfolgsentscheidend sein wird, ausreichend werthaltigen Content für die Plattform zu akquirieren.

Wem es dagegen noch nie an Content gemangelt hat, ist Rowohlt: Mit Rowohlt Rotation bringt der Verlag sein eigenes Modell für kurze Texte in eBook-Form in den Markt. Gegenüber den anderen bekannten Kurztext-Modellen können die Inhalte hier nicht nur einzeln erworben, sondern auch in “Playlists” zusammengestellt, mit eigenem Cover versehen und auf Wunsch auch direkt auf Mobilgeräte heruntergeladen werden.

Schon länger im Gespräch ist Oolipo, das Bastei-Lübbe-Imprint für mobiles Storytelling. Anläßlich der Leipziger Buchmesse wurden hier mehr Details bekannt: Mit einer eigenen App will das Label seine eigene Vorstellung vom Erzählen für Mobilgeräte entwickeln – mit einer Mischung aus enhanced eBooks und Scrollytelling-Websites wird hier ein ganz eigener Stil kultiviert, der ein wenig an die jüngst gelaunchten “Editions at play” von Google erinnert.

Wer sich dagegen mit Content Marketing im Buchbereich befasst, dem sei ein Blick auf den gerade gestarteten Content-Blog von Hobbit Presse empfohlen. Sowohl optisch wie auch inhaltlich weht hier angenehm frischer Wind – und gerade Nischen-Genres wie Fantasy dürften sich für diese Art der engen Kundenbindung besonders eignen.

 

Die Umsetzung

Strategien – von unten nach oben: Die strategische Umsetzung der Transformation in ein Online- und Digital-Business ist stets eine große Herausforderung für jedes Unternehmen egal welcher Größe. Ein oft gewählter Weg ist dabei die Einführung agiler Prozesse – nicht immer leicht für Medienhäuser, deren Hauptgeschäft Inhalte für den Kunden ist. Wie man die Arbeit an Content mit agilen Methoden verzahnen kann, zeigt ein schöner Grundlagen-Artikel bei A list apart.

Harvard Business Review hat sich dagegen zahlreiche erfolgreiche Unternehmen aus der digitalen Welt angesehen und Schlüsselfaktoren für diesen Erfolg herausgearbeitet – eine Zusammenfassung der 4 wichtigsten Strategien findet sich hier auf dem HBR-Blog. Wie dringend notwendig diese Erkenntnisse sind, zeigt ein Artikel von Holger Schmidt auf netzoekonom.de: Danach treiben 60% der Großunternehmen in Deutschland die digitale Transformation nicht ernsthaft voran. Der Hauptgrund: Verteidigung bestehender Strukturen.

 

Hürden für die digitale Transformation

Die wesentlichen Gründe, warum die digitale Transformation in Deutschland nicht vorankommt. (Quelle/Copyright: netzoekonom.de)

 

Wir wünschen wie immer erkenntnisreiche Lektüre!

 

 

Veröffentlicht von

www.dpc-consulting.de

XML- und Digital-Publishing-Professional mit Leib & Seele, seit Berufseinstieg in verschiedensten Projekten rund um Content-Management und Datenbank-basiertes Publizieren unterwegs. Seit 2012 selbständig als Berater und Trainer für digitales Publizieren.