Können Frauen überhaupt programmieren?

Bildung möglichst vielen zu ermöglichen, das gehört zu den großen Errungenschaften unserer Zeit. Frauen über Bildung einen Zugang zur Gesellschaft zu geben ist ein wichtiges Gut, das noch gar nicht so lange mehrheitsfähig ist. Selbst volkswirtschaftliche Gründe sprechen dafür, denn in einer Informationsgesellschaft sind kommunikative Fähigkeiten entscheidend, viel wichtiger als Kraft und Stärke. Dazu gehören Empathie genauso wie semantische Analyse, das Verständnis von Kontext ebenso wie die Interpretation von Content. Verständlich, dass im Durchschnitt die Frauen die besten Noten haben an den Schulen und ihre Chance ergreifen. Aber in der Techbranche, dem Motor unserer Zeit, im Silicon Valley, sind Frauen und Farbige kaum vertreten. Warum?

Ein schönes Beispiel dafür ist “Girls who code” – eine Kampagne für mehr Frauen in der IT-Wirtschaft: Sie spielt mit den Vorurteilen gegenüber Frauen als Programmiererinnen – und zwar so direkt, als ob man pubertierende Jungs ansprechen müsste. Wahrscheinlich ist das auch oft der Fall.


Am Thema Frauen als Führungskräfte (hier eine Studie von Fernwick über Frauen im Silicon Valley) dürfte die Branche noch so lange zu knabbern haben wie alle anderen auch: Sexismus und Seilschaften, geringere Bezahlung und Geschlechterrollen, das lässt sich nicht schnell ändern. Um das Thema Technologie und Programmieren kümmern sich die Firmen mittlerweile.

Sie haben erkannt, dass man das Potenzial von Frauen nutzen sollte, will man im Kampf um die besten Programmierer nicht immer nur die Konkurrenz abwerben. Und Firmen mit einer heterogenen Belegschaft können erwiesenermaßen flexibler auf Kundenbedürfnisse eingehen. Dazu gehört auch, dass Programmieren aus der Höhle der Nerds, der Pizzas mit Bier und zotigen Witzen gezerrt wird. Informatik ist mehr und dann auch für Frauen interessant, aber das muss man auch in früher Jugend schon vermitteln.

Spannend an dieser Entwicklung ist dabei auch, dass die IT-Kultur noch nicht immer so stark männlich dominiert war: Ganz im Gegenteil, am Anfang der Informatik gab es sogar relativ viele bekannte Frauen in der Software-Entwicklung, die an vielen Stellen die Grundlagenarbeit geleistet haben. Der Umbau der Soziodemographie in der IT erfolgte letztlich erst im Laufe der 80er Jahre, als sich die Tech-Industrie mit ihrem breiten Erfolg auch ökonomisch stark veränderte.

Insofern ist es gut und hilfreich, dass sich immer mehr Initiativen nicht mehr mit dem verbreiteten Narrativ vom männlichen Tech-Nerd als einziger Evolutionsstufe in der Software-Entwicklung abfinden wollen. Fiona Krakenbürger hat dazu auf der diesjährigen Direttissima-Konferenz einen viel beachteten Talk gehalten:

Und so schwierig ist es letztlich auch inhaltlich nicht, Programmierung so zu vermitteln, dass das Thema für alle Bevölkerungsgruppen, Geschlechter und Subkulturen relevant wird: Wird das Programmieren als Sprache verstanden, als Sprache mit eigenen Regeln und greifbaren Ergebnissen, dann lassen sich auch Lateinschülerinnen, Linguisten und Kommunikationswissenschaftler begeistern. Und ein Verständnis für die Basis von Softwarefirmen zu haben, das kann nie schaden.

programmieren apple

Programmieren wird sexy. Mit Swift Playgrounds versucht sich Apple an einer gefälligen, intuitiven Bedienung mit einer Oberfläche, die auch all die anspricht, die mit sonst nicht so viel am Hut haben. Jugendliche können so besser angesprochen werden und die Möglichkeiten des Programmierens erkunden. Dass Apple hier handfeste eigene Interessen verfolgt und Programmierer für die eigenen Sprachen ausbilden will, ist das eine. Und deshalb sind derartige Initiativen nur begrenzt sinnvoll für die Ausbildung. Dass Apple aber mit derartigen Programmen auch Standards für die Vermittlung an Jugendliche setzt, die bald von vielen anderen auch aufgegriffen werden, das ist der positive Effekt.

Apples iTunes U ist schon lange bemüht, die Apple Hardware in die Schulen zu bringen, mit Hilfe von iBooks author und anderen kostenlosen Diensten im Schlepptau. Mit Swift Playgrounds sollen die Kinder sogar spielerisch zum Programmieren gebracht werden, um auch für genügend Nachwuchs zu sorgen und auch junge Frauen zum Programmieren zu bringen. Einziges Hemmnis hier ist die stark besetzte Marke von Apple im hochpreisigen Segment, so dass der Slogan “Bildung für alle” nicht mit Apple verbunden werden kann.

Mit Google Docs und YouTube ist Google schon lange bei den Lernenden präsent. Aber ähnlich wie Apple scheint sich auch Google Sorgen zu machen um den Programmier-Nachwuchs und bietet mit Project Bloks eine Plattform für Jugendliche, die Hardware und Software verknüpft. Programmierung wird im wahrsten Sinne des Wortes greifbar. So wie auch ein Stift die Lichter zum Glühen bringen können.

google coding

Project Bloks ist eine Initiative von Google, die Programmierung haptisch spürbar macht. Es ist eine einfach gestaltete “Werkzeugumgebung”. Einmal damit vertraut gemacht, können die Kinder selbständig Lösungen entwickeln. Sie erkennen die Zusammenhänge von Soft- und Hardware und wo sie was verändern können. Hatten Generationen vor ihnen die Jugendlichen noch gelernt, wie man einen Ölwechsel am Auto macht oder einen Platten am Fahrrad repariert, wachsen hier die Spezialisten des Google Cars heran.

Ähnliches wird im Programm Open Roberta vom Fraunhofer Institut mit der Förderung des BMBF versucht, Initiativen der BITKOM (hier geht es zu einer umfassenden Broschüre zu MINT-Studiengängen für Frauen) oder bei den Digital Media Women. Der Nachwuchs wird umworben. Und das ist auch bitter nötig. Solange es eine Meldung wert ist, dass mehr Frauen programmieren, ist das schlecht und weit weg von Normalität.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.