Das Zeitungssterben in den USA und die Suche nach dem neuen (digitalen) Geschäftsmodell

Anfang März ist in den USA eine Untersuchung des PewResearchCenter zum Thema “The Search for a New Business Model” für Zeitungen erschienen. Es wurden über zwei Jahre 38 Zeitungsverlage in den USA zum Thema digitale Geschäftsmodelle untersucht. Dabei wurden mit sechs großen Verlagshäusern die internen Daten analysiert und die Rückschlüsse mit weiteren sieben Verlagshäusern abgeglichen, die allesamt ca. 24% des Marktes ausmachen. Die Daten blieben anonym und dadurch konnte die Untersuchung über die gewohnten “offiziellen” Zahlen und Heldenberichte von Konferenzen hinaus ein weitaus realistischeres Bild bieten. Das Ergebnis: Tiefe Ratlosigkeit der Verleger über die Zukunft der Zeitung – und nur wenige finden einen Königsweg.

Die Verluste im Anzeigenbereich sind (noch) nicht zu kompensieren
Die Umsatzverluste bei den gedruckten Anzeigen sind so massiv, dass  die Umsätze weder durch Preiserhöhungen für das gedruckte Produkt noch durch digitale Erlösmodelle stabilisiert werden können. Es klafft derzeit eine Lücke zwischen Print-Anzeigen-Umsätzen und Digital-Anzeigen-Umsätzen von 7:1.  Manche gehen davon aus, dass die Redaktionen schrumpfen und die Frequenz der Veröffentlichung der gedruckten Zeitung sinken – hin auf nur noch eine gedruckte (Sonntags-)Ausgabe – werden.

Das “legacy”-Problem
Die Zeitungsverlage stecken fester in der bekannten “legacy”-Falle als vermutet. Damit ist die Schwierigkeit gemeint, dass man mit bestimmten Fähigkeiten einen bestimmten Umsatz plus entsprechender Rendite erwirtschaftet hat – und daran klebt. Man erwartet, dass man ähnliche Resultate erwirtschaftet, mit nur leicht geänderten Methoden und Werkzeugen. Und das ist ein Irrtum.
Es müssen noch nicht einmal Shareholder sein, die ein immer höher, weiter, schneller erwarten. Die Stakeholder im eigenen Haus bremsen. In dem Report wird immer wieder von der “inertia” – dem Beharrungsvermögen – der Verlage und der Verleger gesprochen. Und daraus folgt eine fast eine schon zynische Anmerkung des Pew-Reports: Seit 15 Jahren befindet sich die Verlagsbranche eigentlich schon in der Veränderung hin zu einer digitalen Welt – aber: “executives still feel they are in the early stages of figuring out how to proceed.”
Nur so ist es zu erklären, dass es nicht allen schlecht geht, sondern vielen. Und einigen wenigen ganz gut. Die jeweilige Unternehmenskultur scheint nach der Analyse den Ausschlag zu geben. Wenn 90% des Umsatzes aus dem Print kommt, dann fällt es vielen schwer, 90% der Energie in die neuen 10% (digitalen) Umsatz zu stecken. Weil die Angst zu scheitern zu groß ist. Change Management wird zu zögerlich betrieben und die meisten Verleger sind auch nach 15 Jahren noch der Auffassung, dass sie zu viele Mitarbeiter beschäftigen, die an ihren alten Tätigkeiten festhalten.

Wo sind die Hebel?
Einige Verlage scheinen den Umbruch zu schaffen. Es sind zusätzliche (digitale) Services wie Veranstaltungen, Beratung oder detaillierte Kundendaten, die hier aufgebaut wurden und werden. Viele sehen darin eine Chance, aber nur ganz wenige investieren mehr als 10T$ und werden dann belohnt:
Von Schnäppchenangeboten a la Groupon zu profitieren durch Beteiligungsmodelle wird von manchen forciert, von anderen gemieden.
Den Erlösen über das Smartphone wird Potenzial zugesprochen, auch wenn sie jetzt noch gering sind.
Dem folgend wird zwar in den Know-how-Aufbau im digitalen Bereich bei den Anzeigenabteilungen investiert, aber es liegt – gemessen nach Köpfen – noch im Verhältnis 1:3 im Vergleich zum Printgeschäft.

Den Kopf in den Sand stecken führt nur zu Sand im Kopf
Ein Ergebnis aus dem Pew-Report ist jedoch für alle Verlagshäuser und eigentlich auch für alle anderen Unternehmen wieder einmal so lapidar wie elementar: Durch Nichtstun wird die Situation nicht besser – und all die Verlagshäuser, die sich zumindest mit eigenen Ideen auf den Weg gemacht haben, im digitalen Umfeld neue Geschäftsmodelle aus zu probieren – sie haben wenigstens die Chance, mit diesen neuen Geschäftsmodellen zu überleben.

Zumindest dies haben alle Verlagsbereiche gemeinsam.

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Ich bin Experte für Geschäftsmodelle und digitale Technologieentwicklung. Als operativ tätiger kaufmännischer Geschäftsführer biete ich internationale Erfahrung in Finanz- und Rechnungswesen, Gesellschaftsrecht, Personal, Vertrieb und Verwaltung in High-Tech- und Medien- Unternehmen. Ich war CFO / COO in einem schnell wachsenden Start-Up (Deutsche GmbH und US Inc.) und habe die Gesellschafter in den Investment-Runden unterstützt sowie beim erfolgreichen Verkauf des Unternehmens an einen führenden US-Technologie-Konzern. Detailliertes Wissen habe ich durch operative hands on-Verantwortung erworben in den Bereichen Rechnungswesen, Finanzierung, Controlling, Berichtswesen und Steuern (IFRS, US-GAAP und HGB) von internationalen Mittelstandsunternehmen. Umfangreiche Erfahrung habe ich in der Gewinnung, Vertragserstellung und Vertragsauflösung von Mitarbeitern im internationalen Umfeld, einschließlich der Erlangung von Arbeitserlaubnis / Visum in Deutschland und in den USA.