Paywalls – die Erfahrungen der Zeitungen in den USA

Warren Buffet sagt ein großes Zeitungssterben voraus und ist damit nicht der Erste. War die Freigabe von Inhalten im Netz für die Zeitungen vor über 20 Jahren ein Sündenfall oder nicht? Zunächst schien es so, denn die ersten Paywalls der 90er hatten wenig Erfolg. Aber die Experimente gingen weiter und in den letzten Jahren häuften sich die Angebote, in den USA, aber auch in Europa. Die Beispiele könnten auch für andere Branchen relevant sein, denn das Nutzerverhalten wird von allen Teilnehmern geprägt, nicht nur von Google, Apple und Co.

So wie es die Buchbranche in DACH verstanden hat, durch die Preisbindung auch die Preise von eBooks hoch zu halten, so kämpfen auch die Zeitungen für ihren Aufwand bei der Sichtung und Aufbereitung der Inhalte. Dass der Kampf nicht einfach ist, wissen wir bei den Büchern durch den Ansturm der Selfpublisher. Bei den Zeitungen zeigt sich vor allem in politisch turbulenten Zeiten die Qualität. Nicht nur die NYT hat seit der Wahl von Trump bei den Abos zugelegt oder das Wall Street Journal, auch bei der NZZ.at waren vor allem die Hintergrundartikel der Renner. Im Kampf mit Fake-News haben gut gepflegte, verlässliche Marken eben einen Vorteil. Und die Investitionen in Qualität lohnen sich langfristig. Es wäre deshalb zu kurz gesprungen, wollte man alles auf den “Trump-Effekt” zurückführen und die politische Lage in den USA.

Im Jahr 2012 stieg erstmals die Anzahl der Zeitungen in den USA mit einem digitalen Subskriptionsangebot. Vorreiter war auch hier die NYT gewesen, die über die Jahre hinweg experimentiert hatte, um dann einen für sie sinnvollen Weg mit der “metered paywall” zu finden, einem freien Zugang zu einer bestimmten Anzahl von Artikeln (anfangs waren es 20), nach denen der Kunde zum Zahlen aufgefordert wurde. (Quelle: American Press Institute)

 

Eine aktuelle Studie des Reuters Institute for the Study of Journalism bestätigt die Bedeutung und Zunahme von Freemium-Modellen. Und die ausführliche Analyse des American Press Institutes zeigt, wie sich über die Jahre Subskriptionsmodelle weiter verbreitet haben und heute fast überall anzutreffen sind. Dabei gibt es keinen Königsweg bei der Art der Abonnements und Paywalls sind auch nicht die einzige Lösung für die Krise. Den Abschlussworten ist dabei wenig hinzuzufügen:

Fifteen years ago, the only national or regional newspapers charging for online access were The Wall Street Journal, Albuquerque Journal, and Arkansas Democrat-Gazette. Today, 78% of the newspapers analyzed by the American Press Institute do so.

From membership plans that include live events, to “survey walls”, to micropayments, or advertising-free options, newspapers are innovating new ways to monetize their digital audience.
Whether one of these experiments will eventually become an industry norm is unclear. But as newspapers continue adapting to the economics of the digital environment, creating and studying fresh approaches like these is critical.

Digital subscription plans are not the solution to the steep advertising losses impacting the newspaper industry — but digital subscription plans combined with other approaches may offer a sustainable revenue plan for the future.

 

Die US-Zeitungen gewinnen Kunden im digitalen Abo. Und das durch die Bank. Es bleibt abzuwarten,ob es ein Effekt der Fake-News und der Populisten wie Trump ist, dass zunehmend seriöse Quellen gesucht werden. Aber es kann auch an der Gewohnheit liegen, für Musik oder Filme ein Abo einzugehen. (Quelle: Statista)

Übertragen auf den deutschsprachigen Markt lohnt sich der Blick auf Lukas Sustalas Fazit zum Ende der NZZ in Österreich: Er hat seine Erfahrungen in sieben Punkten zusammengefasst. Sie sind nicht nur für Zeitungsjournalisten lesenswert, denn auch andere Medien haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen.

Hier die sieben Punkte im Überblick:

  1. Paywalls werden wie in den USA noch weiter an Bedeutung gewinnen. Welches Modell dabei wichtig ist, das ist natürlich die 1 Million-Dollar-Frage.
  2. Journalistische Formate müssen ausprobiert werden. Nur so können Erfahrungen gesammelt und das eigene Angebot am Ende fokussiert werden. Und das
  3. heißt dann: Mut zur Lücke. Denn auch bei NZZ.at haben sich dann Bestseller gezeigt, nämlich die “nüchternen Analysen und Erklärstücke” Wen wunderts. Genau das ist der Markenkern der NZZ.
  4. Der Aufwand in Vertrieb und Social Media wird wie so oft unterschätzt und ist bei all den Metriken eben auch heute noch ein weites Feld. Denn die großen Plattformen ändern gerne ihre Algorithmen und dann ist man eine Weile so schlau wie zuvor.
  5. Die Journalisten müssen die Marke ihres Blattes “mit Leben füllen” und in Diskussionen, auf Podien und in ihrer Schreibe sichtbar machen und bestärken. Sonst ist die Marke nichts wert und wird an Wert verlieren.
  6. Teamwork ist alles: “Medienunternehmen (brauchen) nicht nur kommunikative Spitzenkräfte, sondern immer mehr bunte Teams mit viel unterschiedlichem Fachwissen, vom programmieraffinen Datenjournalisten bis zum in Ökonomie geschulten Redakteur.”
  7. Mehr Experimente tun uns allen in der Branche gut – ob es um Podcasts, Dossiers, investigative Recherchen oder Datenjournalismus geht.

P.S. Mehr dazu in unserem Seminar “Strategische Programmplanung” an der Akademie der Deutschen Medien.

 

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.