Das Museum als Ort der Ruhe, der Kontemplation und Versenkung in ein Kunstwerk bietet zahlreiche interessante Parallelen für Buchleser. Denn auch dort sind die Versenkung, das einsame Gespräch mit dem Autor wichtig. Zugleich kann niemand mehr die Vorteile der verschiedenen digitalen Angebote leugnen. Wie also soll das Zusammenspiel von Offline und Online bestmöglich erfolgen?
Die Konferenz MuseumNext versuchte sich wie die vielen Veranstaltungen für die Verlage an Antworten. Diese drehen sich vor allem um zwei Fragen:
- Wie nutze ich die digitalen Medien, um die Menschen an meinen, einzigartigen Ort zu locken?
- Bieten digitale Medien einen besseren Zugang zur Kunst, wenn doch die Begegnung mit dem Original vor Ort eigentlich das Wichtigste sein sollte?
In diesem Beitrag soll es vor allem um die erste Frage gehen.
Nehmen wir das Beispiel ART 140, das in Zusammenarbeit mit dem MoMa entstanden ist: Nutzer werden aufgefordert, Ihre Eindrücke zu einem vorgestellten Werk zu schildern.
Diese werden dann noch interpretiert und die Antworten aller werden grafisch aufbereitet. So diffus auch die Skala sein mag, es geht nicht nur um den Vergleich mit anderen. Jeder, der twittert, setzt sich mit dem Bild auseinander und wird den Ort, an dem das Original steht, für um so wichtiger halten. Das ist die eigentliche Aufgabe: Mit jedem Wort in den digitalen Medien wird der reale Ort eines Objektes nicht ersetzt, sondern erhöht. Es wird für jeden etwas besonderes sein, dann auch einmal das Original im MoMa gesehen zu haben.
Intelligenter ist da die App der Tate: Magic Tate Ball vereint Spiel, Witz und Kunst rather British. Wie in einem Glücksspiel werden die aktuellen Angaben zu Ort, Zeit und Wetter zu einer Empfehlung für ein Kunstwerk gemischt. Mal ist es der hereinbrechende Sonnenschein, mal die Parallelität der Kalenderdaten, mal der Ort, die assoziativ zu einem Kunstwerk führen. Und die Erläuterungen hierfür sind ein wenig Bildung mit Augenzwinkern.
Die Schwierigkeit beider Ansätze erkennt man, wenn man den Erfolg messen will. Das kann man natürlich bei digitalen Produkten wunderbar einfach machen und die Klickraten und Nutzer und und und ins Feld führen. Wenn aber der Wert des Originals und des Museumsbesuchs die relevanten Größen sind, dann helfen einfache Messungen nicht mehr weiter. Dann muss mittel- und langfristig gedacht werden, dann sind aufeinander abgestimmte Maßnahmen richtig und die Entwicklung der Marke ist wichtiger als schnelle Agenturerfolge.
Zugleich liegt es auf der Hand, wie Colleen Dilenschneider zeigt, dass die Bedeutung der sozialen Netzwerke zunimmt und der reale Eindruck vor Ort genauso mit bedacht werden muss wie die digitale Präsenz. Das Buchheim Museum hat hier bei der Ausstellung zu George Grosz deshalb ein pädagogisches Programm aufgebaut, bei dem Jugendliche anderen ihren Blick über Werke der Ausstellung vermitteln. Wie allseits bekannt in der Pädagogik ist die eigene Vermittlung, das Selber-Lehren immer der beste Lehrmeister, wenn es darum geht, Dinge auch länger zu behalten und wirklich aufzunehmen.
Dieses Prinzip wird hier auch auf die digitalen Angebote übertragen. Schulklassen können ihre Erfahrungen in der Ausstellung und mit dem Künstler und dem Museum sammeln, mit ihren Smartphones und Audiofiles und Texten einfach in eine Form gießen und als eBook veröffentlichen. Die Schüler werden zu Autoren und Multiplikatoren.