Wie schon aufgeführt stellt sich in Museen die Frage, was sie besonders machen im Vergleich zu digitalen Medien, wenn man an den Zugang zur Kunst denkt. Museen müssen wie Verlage ihre Kunden im digitalen Raum finden und an sich binden. Daran führt kein Weg vorbei. Und die Kunst wird darin bestehen, den digitalen mit dem “realen” Raum zu verknüpfen. Es reicht nicht, nur digital Lust zu wecken, um nachhaltig die eigene Marke – und Museen sind Marken – aufzubauen. Man muss das auch vor Ort einlösen. Durch Veranstaltungen wie GANYMED im Kunsthistorischen Museum in Wien, freundliche Wärter und saubere Toiletten und vor allem durch eine durchgängig kohärente Darstellung. Man muss also den eigenen Markenkern kennen, um ihn “real” und digital richtig zu kommunizieren.
Was passiert aber, wenn das Kunstwerk jetzt durch digitale Produkte umlagert wird. Helfen die eigentlich oder versperren die nur den Blick auf das Wesentliche? So stellt sich z.B. die Frage nach den Nutzen von Apps zum Entdecken der Kunst. Wenn Kunst bedeutet, dass man etwas sieht, was man vorher nicht sah, wenn es ein Bild gibt von etwas, was man vorher nicht fassen konnte, dann müssen technologische Hilfsmittel nicht immer helfen. Wie klug, wie einfühlsam, wie inspirierend ist doch ein Text wie der von Milena Michiko Flasar über “Die Apfelschälerin” von Gerard ter Borch! Hier zeigt sich, dass eine kluge Interpretation keine aufwändigen Hilfsmittel braucht. Und wenn wir diese Hilfsmittel haben, dann wird deutlich, dass eine gute Idee zur Vermittlung von Kunst nötig ist, um diese Hilfsmittel auch zum Leben zu erwecken.
So das Beispiel Second Canvas, das vor allem auf die Kraft der Farben digitaler Geräte setzen, Effekte wie Hintergrundinformationen oder Röntgenbilder und die Nutzung in der Lehre. Hier unterstützen digitale Medien die Darreichung von Informationen. Und auch hier gilt: Wahrscheinlich ist der Besucher überfordert, das Original und die vielen technologischen Möglichkeiten gleichzeitig zu nutzen. Aber als zusätzlicher Zugang vom Sofa aus ist diese App zu empfehlen. Und dann unterstützt sie den Wunsch, das Original zu sehen.
Augmented Reality bietet weitere Beispiele wie die von twnkls und der Wiederauferstehung alter Bauten in einer schnell wachsenden Kleinstadt über eine App der Bayerischen Nationalbibliothek, die den Wintergarten Ludwig des II. in der Münchner Residenz bis hin zur Museumstour im Bayerischen Nationalmuseum.
Augmented Reality kann hier überraschende Effekte herbeizaubern. Hier gilt aber vor allem, dass der Nutzer nicht überfordert oder abgelenkt wird. Noch lässt sich schwer abschätzen, ob alle Besucher diese Form der Wissensvermittlung und -anreicherung wirklich wollen. Denn die ersten Pilotprojekte bieten den neugierigen Avantgardisten viel Stoff, aber die breite Bevölkerung hat noch nicht abgestimmt.