“atterwasch” ist eine multimediale Dokumentation, die auf dem diesjährigen DOK.fest in München unter dem Schlagwort Interactive Media zusammen mit anderen multimedialen Dokumentationen (hier ein Bericht vom “Kameramann”) vorgestellt wurde. Sie zeigt, wie Film, Buch und Magazin zusammenwachsen. Sie zeigt, wie Storytelling von all diesen Disziplinen aus in unterschiedliche Richtungen betrieben und aufgefasst wird. Für die Buchbranche und deren Entwicklungen von enhanced eBooks ein interessantes Anschauungsmaterial. Das Gesamtkunstwerk ist zurück.
Das Dorf Atterwasch soll einem Braunkohle-Tagebau weichen. Die multimediale Dokumentation thematisiert über den Zeitraum von einem Jahr (2013-2014) die Ungewissheit, mit der die Bewohner Atterwaschs konfrontiert sind.
Den Rhythmus der Erzählung kann man zum Teil selbst bestimmen. Dazu braucht man vor allem eine Maus.
Vorgegeben sind Kapitel und Gesamtstruktur. Dem Leser werden in den einzelnen Kapiteln die Sichtweisen von verschiedenen Personen erzählt. Durch Scrollen erhält man eine erzählte Geschichte, sieht Bilder, sieht eine Übermalung von Bildern, verändert diese Bilder und liest die kurzen Texte, Überschriften und Angaben zum Dauer eines Audiofiles.
Der Nutzer ist Leser, Zuhörer und Betrachter in einem. Interaktion ist nicht das wesentliche Element, sie betrifft nur den Rhythmus und die Verweildauer bei einzelnen Elementen. Dokumentation heißt in diesem Fall, dass bewusst schon veränderte Bilder sichtbar machen, dass jede Dokumentation auch “nur” ein Blick auf die Wirklichkeit sein kann. Die Veränderungen an den Bildern sind schon gestaltet. Hier gestaltet der Betrachter nicht mehr selbst. Aber er erfährt die Veränderung durch die grafischen Bearbeitungen von Fotografien, durch die Übermalung von interviewten Personen, durch sich verändernde Grafiken.
Besonders hervorzuheben ist die Tongestaltung. Hier wird der Betrachter zunächst sogar gezwungen, bestimmte Geräusche mit anzuhören, um über den Klang geführt und berührt zu werden. Insgesamt ist diese eine Produktion, die als Gesamtwerk einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt.
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