Germany – two points. Man fühlt sich an den Eurovision Song Contest erinnert, wenn man den Stand der Nutzung mobiler Geräte in Deutschland im internationalen Vergleich sieht. Dabei sollte man aber auch nicht den üblichen Katzenjammer anstimmen und als schuldbewusste Deutsche nur das Schlechte sehen. Licht und Schatten sind wie überall zu finden. Interessant ist der internationale Vergleich deshalb, weil er Rückschlüsse zulässt auf die Entwicklungen hierzulande. Als Exportweltmeister in einer globalen, vernetzten Welt hat sich die deutsche Wirtschaft wie kaum eine andere flexibel und innovativ gezeigt. Sonst stünde sie nicht dort, wo sie ist. Diese Tatsache erhöht den Druck auf die Anpassung an internationale Entwicklungen. In der Medienindustrie können die Mitarbeiter die dauernden Vergleiche mit Amazon und Google schon nicht mehr hören, so präsent sind sie. Trotzdem gehört es zum Handwerk, darauf zu achten. Die weltweite Tendenz, “mobile first” zu denken, hinterlässt auch hier ihre Spuren. Hier ein Blick auf den “Global Mobile Report” von comScore.
Weitere zentrale Erkenntnisse aus dem Bericht sind:
- Lateinamerika ist weltweit führend in der Menge der durchschnittlichen mobilen Minuten pro Nutzer.
- Apps dominieren die mobile Nutzung und machen über 80% der mobilen Nutzungszeit aus. Damit scheint aber auch das Plateau erreicht, denn nur Spanien verzeichnet hier noch Steigerungen.
- Instant Messaging und Social Media machen in den betrachteten Ländern mehr als ein Viertel aller mobilen Minuten aus. Die Marktführer ändern sich von Land zu Land und heißen wie bekannt Facebook Messenger, WhatsApp und WeChat.
- Nur in Indien sind mehr Männer als Frauen “Mobile-Only”-Nutzer.
- Die Deutschen sind verspielter als angenommen: Zumindest im Vergleich zu Instant Messenger werden mehr Minuten pro Nutzer generiert. Insgesamt dominieren wie gewohnt bei den Apps die Spiele, weltweit.
- Die mobile Nutzung der Kategorien Banking und Handel entspricht fast der Desktop-Nutzung, wobei in Deutschland der Desktop noch Trumpf ist. In der Kategorie Handel ist Deutschland im Vergleich Schlusslicht bei der mobilen Nutzung (36% mobile im Vergleich zur Desktop-Nutzung).
Wichtig ist, dass “mobile first nicht gleich mobile first ist. Es gibt je nach Thema und Land doch noch erhebliche Unterschiede.
Wie schon in vorangegangenen Untersuchungen zum Appmarkt bestätigt sich die Tendenz, dass nur wenige Apps mit einer hohen Reichweite dominieren. Dazu kommt, dass über die Hälfte der Nutzer keine neuen Apps herunterlädt. Naturgemäß sind auch hier die Jüngeren (bis 34) neugieriger. Die Hürde für die Etablierung neuer Apps ist entsprechend hoch.
Der globale Markt wird auch in Deutschland das Thema “mobile first” forcieren. Die hier gezeigten Statistiken sind kein Beleg für Rückschrittlichkeit in Deutschland, auch wenn es beim Zugang zum Netz, in der Bildung und vielen anderen Bereichen viel zu tun gibt. Nur als kleiner Abschluss sei auch ein anderes Bild erlaubt, z.B. dass Bosch bei der Anmeldung digitaler Patente zum autonomen Fahren weltweit führend ist. Das Bild vom deutschen Dornröschen ist nicht ganz stimmig.