eBooks vermarkten – das Beispiel Goodreads

Die Vermarktung von eBooks hat ein großes Problem. Ihr Produkt.
Gedruckte Bücher kann man in die Hand nehmen, schnell beurteilen und Gewicht und Ausstattung lassen auf den Preis schließen. Sie verraten viel über den Leser, wenn er in der U-Bahn sitzt, auf der Parkbank oder am Strand. Wenn er dem Gast seine Bibliothek zeigt.
Vor allem aber, wenn er das Buch als Geschenk überreicht. Es macht halt was her und man darf ernsthaft fragen, ob Harry Potter auch so erfolgreich geworden wären, wenn die Tanten und Onkels als Zeichen ihrer Generosität nur ein schmales Hemd überreicht hätten. Aber eBooks? In den USA finden sich Dienste wie Goodreads, die ein Empfehlungssystem wie bei Amazon perfektioniert und zu einer Art Social Reading Plattform aufgebaut haben.
Goodreads hat ca. 7 Mio Kunden und die Erfahrungen des Gründers Otis Chandler dürften genauso für den deutschsprachigen Markt gelten:

Mundpropaganda wirkt
Stärker als Empfehlungen in den üblichen verdächtigen Feuilletons gilt die Empfehlung eines Freundes. Das war früher schon so – und das ist immer noch so. Nur dass eine Empfehlung in Facebook schneller mehr Menschen erreicht als der exklusive Lesekreis und ein Treffen im Café. Und damit an Reichweite keinen Vergleich mit den traditionellen Medien scheuen braucht.
Bei Goodreads finden 64% der Kunden Bücher durch Empfehlungen ihrer “Goodreads-Freunde” und 79% kaufen natürlich Bücher aufgrund der Empfehlungen ihrer “offline-Freunde”.

Die Vermarktung beginnt im Vorfeld
Je besser Kunden schon im Vorfeld beteiligt werden und mit dem Buch in Berührung kommen, desto stärker unterstützen sie später bei der Vermarktung. Sie sind die wichtigen Multiplikatoren. Dabei spielen kostenlose Vorabinformationen eine große Rolle. Im Januar wurden bei Goodreads aus 1.065 derartiger giveaways 849.145 Einträge generiert. Hier ist wiederum das Zusammenspiel aller Medien von Vorteil, um schnell eine kritische Masse an Multiplikatoren zu erreichen, die sich dann zu einer Begeisterungswelle für das Buch entwickelt.
An anderer Stelle haben wir über Unbound berichtet, einem Portal aus UK, das schon beim Schreiben die Leser mit einbezieht und in einer Mischung aus Self-Publishing-Plattform und Vermarktungsplattform dem Leser Pakete anbietet von der automatischen Zustellung als eBook bis zum exklusiven Abendessen mit dem Autor. Und das führt gleich zum nächsten Punkt:

Der Leser will den Autor kennenlernen
Bei einer Umfrage unter 3000 Kunden von Goodreads gaben 96% an, sie lesen die Bücher von ihnen bekannten Autoren. Es ist deshalb wichtig, dass diese Autoren einen direkten Kontakt zu ihren Lesern erhalten. Hier helfen Twitter und Facebook. Interessant ist in diesem Zusammenhang jedoch auch die Erfahrung bei Goodreads, dass direkte Buchempfehlungen über Twitter und Facebook seltener zum Entdecken neuer Bücher und damit Buchkäufen führen. Das heißt, dass einfache Werbung dort weniger gut funktioniert als der Aufbau einer Beziehung.

Videos und live-Chat
In der Folge kann natürlich der Kontakt zu den Lesern online erfolgen. Zunehmend werden bei Goodreads Videos eingesetzt, in denen der Autor über seine Werke berichtet und Termine mit live-Chats angeboten, so dass Leser aus den entlegensten Winkeln relativ einfach einen Eindruck erhalten. Nicht dass dies die Lesereise und den “live-Event” ersetzen würde, aber es kann eine ökonomischere Alternative sein und vor allem im Vorfeld eine hohe Wirksamkeit entfalten.

1000 Wege führen zum Buch
Die Statistiken aus dem Netz bestätigen jetzt offiziell, was die Branche immer schon wußte: Es gibt keinen Königsweg und der Kunde nähert sich dem Buch seiner Wahl auf unterschiedlichsten Wegen. Die statistische Auswertung, wie der Kunde zum Buch kommt, von der Suche über die Registrierung, Empfehlungen von Freunden oder über das Smart Phone, diese Auswertung hilft nur bedingt, denn sie besagt, dass die Zugänge schön verteilt sind keine Rückschlüsse auf einen Königsweg zulassen.
Wie man aus der klassischen Werbung weiß, kommt der Kunde in der Regel sieben Mal mit dem Produkt in Berührung, bevor er es kauft. Je stärker diese “Touchpoints” sind, desto schneller und klarer die Kaufentscheidung.

Hier der link zur Präsentation von Otis Y Chandler.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.