protoTYPE – darum ist dieses Projekt wichtig!

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Letztes Wochenende ging das vom Börsenverein des deutschen Buchhandels initiierte Projekt protoTYPE an den Start. Über 50 Teilnehmer wählten sieben Projekte aus, die bis zur Buchmesse beispielhaft (digitale) Innovationen in der Branche beflügeln wollen.
Das Projekt wurde erstmalig in dieser Form durchgeführt. Es ist mutig, weil riskant. Niemand konnte im Vorfeld auch nur annähernd die Qualität der Beiträge und das Engagement der Teilnehmer einschätzen. Und es ist leicht, Kritikpunkte zu finden bei Projekten, bei denen sich die Teilnehmer vorher nicht kennen, danach lediglich drei bis viermal treffen, kein Budget haben und neben ihrem Job ihre Freizeit für das Projekt opfern. Kein Vergleich zu den Millionenbudgets der großen Medienhäuser, geschweige denn denen der großen Technologiekonzerne.
Ein erstes Fazit: Das Projekt ist sinnvoll. Es ist gut. Es ist wichtig. Hier die Gründe.

Klarheit gewinnen
Jeder Projektleiter weiß, dass es ein klares Ziel braucht, um auf dem Weg greifbare Resultate zu erzielen. Die sieben Gruppen haben sich je ein solches gesetzt. Sie mussten zügig im Elevator Pitch ihre Ideen anderen präsentieren und Zustimmung finden. Die Kleistsche allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Sprechen war aus Zeitgründen gar nicht zu umgehen.
Die Projektgruppen müssen ihre Ziele definieren und Meilensteine festlegen. Und sie müssen konkret werden, sei es in Form eines Konzepts, einer Demoversion oder einer Handlungsanleitung.
Dadurch werden die eigenen Gedanken geschärft. Und selbst wenn in der Kürze der Zeit das Ergebnis im Herbst 2012 in Frankfurt noch nicht ganz so weit sein sollte, wie von allen Teilnehmern erhofft – es wird sehr viel weiter sein als beim Auftakt in Leipzig.
Ein rein geselliges Plaudern über die Digitalisierung ist nicht möglich. Die Flucht in den Konjunktiv (“man sollte doch, könnte man nicht”) wird vermieden.
So werden die Ergebnisse angreifbar. Und fruchtbar.

Kooperation und Austausch über die Grenzen
Unsere Branche sieht sich als Förderer der Kultur und ist zugleich kleinteilig. Ihre Geschäftsmodelle fordern oft eine starken Abgrenzung: Das ist mein Autor, mit dem ich einen Vertrag habe und dessen Ergebnisse ich erst nach Abschluss mit einem großen Tusch der Allgemeinheit präsentiere.
Aus der Sicht der “Textproduktion” verständlich. Die Darstellung von Hüftgelenkoperationen erfordert andere Autoren und Inhalte als ein Kinderbuch.
Das führt dazu, dass man sich schwerer tut bei der Entwicklung von Lösungen, die einer allein nicht stemmen kann. Die technologischen Herausforderungen fressen Geld. Viele Lösungen werden nur möglich sein, wenn man sich die Kosten teilt.
Allein bei Apps oder enhanced eBooks könnten beispielsweise aber bei der Entwicklung und Darstellung eines guten Storyboards Medizin- und Kinderbuchverlage kooperieren, denn die Anforderungen an die didaktische Klarheit sind dieselben. Viele teure Lösungen könnten durch Kooperationen ermöglicht werden, ohne dass man das eigene Geschäft torpediert. Die bisherigen Grenzen werden jetzt auch bei der Produktentwicklung und Vermarktung aufgeweicht.
Die Teilnehmer kommen alle aus unterschiedlichen Bereichen der Branche und darüber hinaus. Und sie erkennen Synergien und schaffen sich ein Netzwerk, auf das die Branche in Zukunft schon aus Gründen der Kooperation im technischen Umfeld nicht verzichten darf.

Projektmanagement und vernetztes Arbeiten
Unsere Branche ist aufgewachsen mit dem Bild des vertrauensvollen Gesprächs des Verlegers mit seinem Autor beim Italiener oder in der exklusiven Villa. Der Rest war mehr oder minder Standard.
Softwareprodukte, multimediale Produkte sind nur im Team zu stemmen und deshalb hilft von Beginn an nur ein Vorgehen: gutes Projektmanagement. Es braucht Organisatoren und Wadenbeißer, kreative Köpfe und Streitkultur, Moderation und Motivation und und und. Und der Start ist wichtig. Lieber vorher noch einmal Hirnschmalz reinstecken, bevor man an das Lastenheft geht und hinterher merkt, dass ganz banale Punkte übersehen hat. Man braucht also einen Plan. Ungewohnt für eine Branche, die seit hunderten von Jahren ein Produkt verkauft, das mehr oder minder gleich geblieben ist. Standard für alle, die je digitale Produkte entwickelt haben.
protoTYPE ist auch ein gemeinsames Lernen on the job. Ein In-Projekten-Denken, natürlich vernetzt über Facebook, SkyDrive, Twitter etc. Bisher auch in vielen Verlagen keine Selbstverständlichkeit.

Know-how aufbauen
Niemand wird am Ende des Projektes dümmer sein. Jeder hat seine Idee besser durchdenken können, weil er präsentieren musste und er die Rückmeldung von anderen erhält. Alle Teilnehmer werden mit neuen Technologien, neuen Vermarktungswegen und damit auch mit neuen Geschäftsmodellen konfrontiert. Auch das hilft, die digitale Zukunft leichter zu verstehen, leichter zu bewältigen. Davon wird auch der Arbeitgeber profitieren können.

Das Team des Börsenvereins arbeitet hier sehr engagiert und will sich an Ergebnissen messen lassen. Es verfällt nicht in die so naheliegende Lethargie vieler Verbände, die vor lauter Abwägung aller Interessen der Stakeholder zwei Schritte nach links, zwei nach rechts gehen, um in der Mitte zu verharren und nur ja nicht voranzugehen.

Die Teilnehmer haben mit ihren Ideen und ihrem Einsatz einen tollen Start hingelegt. Offen und kreativ, interessiert, weiter zu kommen.

Unterstützen Sie das Projekt! Auf Facebook, über Twitter, in persönlichen Gesprächen. Die Gruppen wollen Ihre konstruktiven Anregungen, sie stellen sich Ihren Fragen. Treten Sie in Dialog mit den Teilnehmern und sagen Sie Ihnen, was Sie von Ihnen erwarten in Frankfurt!
Vielen Dank

Andreas Wiedmann        Harald Henzler

Aktuelle Informationen gibt es auf http://www.facebook.com/l/XAQED9Hyb/www.innovation-prototype.de, der Facebook-Gruppe http://www.facebook.com/groups/200522563359658/ oder auf den Seiten des Börsenvereins http://www.facebook.com/l/FAQFyu7Ol/www.boersenverein.de/.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.