Letzte Woche wurde bekannt, dass Flipboard mit der New York Times (NYT) einen Vertrag geschlossen hat. Flipboard ist ursprünglich eine iPad App, die Tweets und Facebook Nachrichten von verschiedenen Inhalteanbietern (auch die eigenen) aufbereitet und in einer Magazinform darstellt. Jetzt soll es den NYT Lesern /Abonnenten ermöglicht werden, auch auf Flipboard – und eben nicht nur in der NYT-App – die gesamte digitale Ausgabe der NYT zu lesen. Vorausgesetzt, sie haben die entsprechende Leistung der NYT abonniert.
Gleichzeitig hat eine andere Content-Aggregation-Platform – Pulse – angekündigt, dass sämtliche Inhalte des Wall Street Journals (WSJ) auf ihrer Plattform zur Verfügung gestellt werden.
Unabhängig davon, wie diese neuen Serviceleistungen bezahlt werden (werbefinanziert oder zusätzlicher Subskriptionspreis), zeigt dies vor allem eines:
In den USA überlegen sich große Verlage – trotz erfolgreicher Einführung von bezahlten Apps (vgl. unser Artikel über die NYT Paywall) – sich nicht mehr alleine auf ihre eigenen digitalen Produkte zu verlassen, sondern ihre Inhalte eben auch anderen Content-Aggregatoren zur Verfügung zu stellen. Die NYT hat dies auch gleich zur Strategie erklärt: “NYT everywhere”: Mehr Plattformen = mehr Verbreitung = mehr Sichtbarkeit = mehr Relevanz = mehr Umsatz.
Nachdem es Flipboard ebenfalls als Android Version gibt, die auch auf dem Kindle Fire funktioniert (und auch eine deutschsprachige Version seit Ende Juni 2012 auf dem Markt ist), ist eine weitere Verbreitung dieses Nachrichtenaggregators auf allen Devices möglich.
Für Verlage gilt es nun zu beobachten, wie diese Strategie in den nächsten Wochen und Monaten von der NYT durchgehalten wird: Zeigt “NYT everywhere” schlicht, dass ein Premium-Inhalteanbieter wie die NYT sich mehr denn ja auf den eigenen Inhalt verlässt und ihn auf allen möglichen Verbreitungsformen – und damit unabhängig von der eigenen, exklusiven Verbreitung über die eigene App – vermarkten lässt?
Dies kann zweierlei bedeuten: Dass die NYT sich heute schon auf ihre starke inhaltliche & digitale Marke verlassen kann – unabhängig von der Ausgabeoberfläche – oder dass die NYT schon jetzt erkannt hat, dass mit Hybrid/Curation/Aggregations-Formen wie Flipboard zu rechnen ist und es einfacher ist, sich mit diesen Aggregatoren zu verbünden als sich dagegen zu stellen.
Für Letzteres haben sich die beiden Conde Nast Magazine New Yorker und Wired entschieden – und sich zeitgleich aus Flipboard als Ausgabemöglichkeit des gesamten digitalen Inhaltes verabschiedet.
Derzeit entwickeln sich also entgegengesetzte Modelle über die Verbreitung von digitalen Inhalten in den USA. Allemal bleibt es damit spannend zu beobachten, welche grundsätzliche Strategie sich in den USA durchsetzen wird und welche Ableitungen sich daraus für den deutschen Verlagsmarkt schließen lassen.
Link zu einem detaillierten Hintergrundartikel:
http://paidcontent.org/2012/06/25/new-york-times-kicks-off-nyt-everywhere-first-stop-flipboard/