Warum man Buyer Personas für die Bewertung von Technologien braucht

Buyer Personas werden schon länger in der Regel von zwei klassischen Abteilungen im Unternehmen genutzt: vom Marketing und der Softwareentwicklung. Beide nutzen sie in der für sie passenden Art und Weise, mal mit dem Schwerpunkt auf die Fokussierung durch Markenbildung und Sichtbarkeit, mal mit dem Schwerpunkt auf den Tätigkeiten der Zielgruppe. Bei der Entwicklung digitaler Angebote müssen diese beiden Abteilungen jedoch zusammenarbeiten, in der Regel durch die Vermittlung von Produktentwicklern oder dem Business Development. Hier die Gründe.

Bei der Softwareentwicklung helfen Buyer Personas

Kim Flaherty von Nielsen mag mit ihren Blogbeiträgen hier beispielhaft stehen für den Nutzen von Buyer Personas in der agilen Softwareentwicklung und der Verbesserung der Usability. Die Anwendung dieser Methode hat Tradition. Denn um hinter den Bergen von Pizzas und Zeilencodes noch zu wissen, wozu das alles im Leben gut sein soll, braucht es ein Fenster zum Hof. Und das sind die Buyer Personas, die dem Team immer wieder vermitteln, wer denn der Kunde sein soll und wie er mit der Software umgehen wird. Dadurch werden die Einzelteile sinnvoll miteinander verknüpft. Alle fokussieren sich auf ein Ziel und der Scrum-Master hat eine gute Grundlage für die Bewertung von Einzellösungen. Denn immer wenn die Programmierer aus ihren Code-Höhlen zurückkommen, dann kann er die eine, entscheidende Frage stellen: Wie wird meine Buyer Persona diese Lösung nutzen und braucht sie diese wirklich? Das versachlicht die Bewertung von Features und hilft bei der Priorisierung der Leistungen, die man für den Kunden erstellen wird. Es führt das Team in eine Richtung.

Die Technologie für Medienunternehmen wird nicht mehr von diesen entwickelt. Die GAFAs (Google, Amazon, Facebook, Apple) prägen den Markt mit Investitionen in Milliardenhöhe. Und die Medienunternehmen müssen nachziehen. Sie müssen hoch investieren. Und das machen sie am besten auch auf der Basis, wie es die großen Tech-Giganten vorgemacht haben – mit Kundennähe und möglichst genauen Beobachtungen und Daten über die Kunden.

Technologie kostet viel Geld und muss passen

Bei der Anschaffung neuer Technologien im Unternehmen fließen hohe Summen. Zugleich weiß jeder, dass die Speicherung von Content und Kundendaten heutzutage essenziell sind für das Überleben. Denn ohne diese Basis werden auch künftige Softwarelösungen (Schlagwort KI, deep learning, machine learning, Internet of things, AR, VR …) schwer zum Einsatz kommen. Die Investition in ein neues CMS oder CRM begleitet also viele. Offen ist aber die Frage, wie dieses aussehen soll. Und auch hier helfen Buyer Personas, und zwar in zweierlei Hinsicht. Der Erfolg eines Systems zeigt sich nämlich immer zum einen durch die Qualität der internen Anwendung (“werden die richtigen Daten auch effizient eingespeist und genutzt?”) und den Nutzen für externe Kunden (“wie unterstützt mich dieses System bei der besseren Betreuung meiner Kunden?”).

Buyer Personas können auch interne Kunden sein

Gerade in größeren Unternehmen macht es Sinn, im ersten Schritt die späteren Nutzer im Unternehmen als Personas zu sehen. Denn dann betrachtet man deren Arbeitsplatz sachlicher und weniger aus der persönlichen Brille (“der Hans wird das nie kapieren, die Astrid braucht die Anwendung x ganz sicher und der Abteilung z zeige ich´s jetzt mal”). Denn Systeme werden erst durch die Nutzer gut. Wie oft hört man den Satz “wir haben einen Lamborghini in der Garage stehen, brauchen aber eigentlich nur einen Käfer”. Dann ist klar, dass die Entscheidungen für Technologien ohne den Kunden gemacht wurden. Das kann Firmen an den Abgrund führen, denn hier wird schnell viel Geld in den Sand gesetzt. Die Empfehlung lautet: Nehmen Sie sich einen oder ein paar Tage Zeit, um bei der Konzeptionsphase die internen Anwender als Kunden zu betrachten und nutzen Sie die Methode der Buyer Personas dafür.

Buyer Personas sind nicht nur ein schönes Bild und ein paar Hobbies. Sie müssen Auskunft geben über die Tätigkeiten der Zielgruppe und wenn man genau hinschaut, dann erhält man die nötigen Detailinformationen, um daraus auch die Anforderungen an die nötige Technologie abzuleiten.

Technologie muss das eigene Portfolio unterstützen

Dieser zweite Punkt ist ein wenig schwieriger zu fassen. Denn er setzt voraus, dass man das eigene Portfolio strategisch plant. Ob man in Zukunft seine Kunden mit Apps, Plattformen oder Contentmarketing beglückt, das weiß man in der Regel erst, wenn man es ausprobiert hat. Um aber die ersten Schritte zu machen, braucht man Anwendungen für Kunden. Und hier kommen die Buyer Personas ins Spiel. Man muss seine strategischen Kunden im Blick haben und überlegen, was man diesen in den nächsten Jahren anbieten will. Und in der Folge prüft man, welche Technologien für diesen Prozess nötig sind.
Dabei muss man das Henne-Ei-Spiel umgehen:

  • Man kann keinen Technologiepark aufstellen, mit dem man dann das Portfolio erstellt. Denn das Portfolio benötigt diese Technologie und kann immer nur mit dem Kunden wachsen und dessen Anforderungen. Viel zu schnell veralten Lösungen und man hat einen Berliner Flughafen im Hof, den so niemand wollte. Deshalb hat sich ja die agile Produktentwicklung durchgesetzt, um schrittweise vorgehen zu können.
  • Man kann kein kundenorientiertes Portfolio entwickeln, wenn man nicht die technologischen Investitionen im Blick hat. Die Digitalisierung bedeutet genau das. Wie einschneidend sie in den jeweiligen Märkten eingreift und wann der richtige Zeitpunkt für Innovationen gekommen ist, das ist eine der vorrangigsten Managementaufgaben. Denn man kann sehr wohl zu früh oder zu spät agieren. Aber die Technologie darf niemals Selbstzweck sein, sondern nur eine Dienstleistung für das eigene Angebot. Das betrifft übrigens auch Technologieunternehmen, denn auch dort muss man zwischen dem Angebot an die Kunden und den internen Voraussetzungen für die Erstellung dieses Angebots unterscheiden.

Und hier helfen Buyer Personas. Sie helfen bei der Steuerung der Investition, weil sie die interne Anwendung verbessern und den Nutzen für die externen Kunden verdeutlichen. Je nach Größe des Technologieprojekts können sie mit mehr oder weniger Aufwand erstellt werden. In der Regel genügen hier taktische Personas.

(Für einen Blick in unser Buch zu Buyer Personas bitte hier klicken.)
Siehe auch unsere anderen Beiträge:
Wozu braucht man eigentlich heute noch Buyer Personas?
So entwickelt man eine Buyer Persona in vier Schritten.
Was haben Buyer Personas mit Metadaten zu tun?
Und hier zum Podcast zum Thema.

 

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.