Der Appmarkt: Rückblick 2016 und Ausblick 2017

Der jährliche Rückblick des App-Analytics-Anbieters App Annie auf das Jahr 2016 in den großen App-Stores bestätigt einige Tendenzen und korrigiert andere Annahmen. Der Markt boomt nach wie vor und erhält durch die größeren Vernetzung der Apps untereinander eine neue Qualität. Er bleibt deshalb wichtig für Medienanbieter – ob sie hier Produkte anbieten oder darüber die Vermarktung anderer Inhalte steuern. Wie im Artikel vom letzten Jahr gelten die drei zentralen Fragen: Könnten meine Angebote durch besser gemachte Apps ersetzt werden? Wie kann ich den Appmarkt  zur Vermarktung und Kundengewinnung nutzen? Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich für mich als Anbieter? Wer nicht mehr bis zu unseren Seminaren zur App-Entwicklung und zu digitalen Geschäftsmodellen im Frühling warten will, für den folgt hier schon einmal ein Vorgeschmack:

Die App-Stores als Wachstumsmarkt

Obwohl vielerorts zu lesen ist, dass der “Goldrausch bei den Mobile-Apps vorbei” ist – noch gibt der globale Markt durchaus an vielen Stellen Wachstum her.

Die Anzahl der durchschnittlich verwendeten Apps pro Nutzer schwankt je nach Land zwischen 30 und 40. Das sind mehr als die von Nielsen errechneten Menge der App-Nutzung – die sich allerdings nur auf die USA bezieht, wo sich die Zahl der Apps knapp unter 30 eingependelt hat. Aber durch die Bewegungen in den sozialen Netzen und neue Spiele wie Pókemon Go ist das verständlich. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Die Zuwächse bei den Apps kommen nicht nur aus China, sondern verteilen sich global auf viele Märkte – wenn auch mit deutlichem Schwerpunkt auf den Wachstumsmärkten in Asien. Dabei profitieren IOS und Android gleichermaßen, mit höheren Wachstumsraten im Google Play Store. Bei den Themen erkennt man die Unterschiede im Reifegrad der Märkte: Je länger der Markt schon besteht, desto spezieller werden die Wünsche, während in neuen Märkten die wichtigsten Apps zur Kommunikation und dem Nutzen von Medien die erste Wahl sind.

 

Trotz der Fülle der Apps ist der Markt alles andere als gesättigt. In Deutschland sind bei gleichbleibend hohem Downloadvolumen auch die Steigerungsraten bei der Nutzungsdauer und den Umsätzen hoch. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Welche Apps profitieren von den Trends?

Spiele sind nach wie vor für den Löwenanteil der Umsätze verantwortlich. Aber in den meisten Segmenten sind Zuwächse für Medienanbieter zu beobachten. Streaming-Dienste haben einen großen Zuwachs und während YouTube bei den Nutzerzahlen vorne liegt, kann Netflix bei den Erlösen punkten. Auch Sportübertragungen spielen eine immer größere Rolle.

 

Bei den Umsätzen machen natürlich die Spiele insgesamt den meisten Umsatz. Interessant sind jedoch die Zuwächse bei den Streamingdienste wie Spotify, Netflix oder Pandora. (Quelle/Copyright: App-Annie)

 

Dass das Bewegtbild an Bedeutung gewonnen hat, zeigen die Adaptionen der Apps wie Twitter, Instagram, Snapchat oder Facebook (live), bei denen der Videoanteil immer bedeutender wird. Neben den hier gezeigten Zahlen zeigen auch die Auswertungen des App-Annie-Konkurrenten Flurry, dass Soziale Netzwerke und Messaging-Anbieter insgesamt zu den großen Gewinnern zählen, was die App-Nutzung angeht.

Die Nutzer verbringen mehr Zeit mit ihren Apps. Dabei spielen vor allem die sozialen Netzwerke und die persönlichen Begleiter bei Sport und Finanzen eine Rolle, während vor allem die “Personalization”, Spiele und auch Magazine an Boden verloren haben. Bei den Nachrichten spielt die Verlagerung des Nachrichtenkonsums in die soziale Netzwerke eine Rolle. (Quelle: Flurry Analytics)

Und auch hier ist der Apple-Store immer noch der attraktivere Partner, wenn es darum geht, dass Kunden auch etwas zahlen – hier bestätigt sich die Erkenntnis der letzten Jahre, dass der Android App-Store für die Reichweite notwendig ist, aber man den Apple-Store fürs Geld verdienen braucht.

 

Bücher tauchen nur im Apple-Store auf bei den Erlösen und fallen auch dort zurück. Dieses Bild dürfte beispielhaft sein für die Herausforderung der Branche. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Nutzungsmuster der App-Kunden

Die Auswertungen zur Nutzungsdauer und zu den durchschnittlichen Sitzungen pro Nutzer bestätigen die Studien anderer Anbieter in zwei parallel verlaufenden Trends: Die App-Nutzung intensiviert sich insofern, als die Nutzungsdauer insgesamt kontinuierlich steigt – gleichzeitig verengt sich die Nutzung, weil Kunden diese Zeit in zunehmend weniger Apps verbringen (und dabei oft bei Apps bleiben, die sie ohnehin schon kennen). “Retention” lautet deshalb eines der Schlagwörter der Branche: Wie bekomme ich meine Kunden dazu, auch regelmäßig die App zu nutzen, damit sie nicht mit der Zeit gelöscht wird, weil man sie die letzten Monate nicht genutzt hat. Benjamin Günther hat auf mobibranche.de mit schönen Beispielen die Herausforderungen dargelegt.
Und neben der direkten Monetarisierung durch Einzelverkauf oder In-App-Käufe fällt auch in der App-Annie-Studie auf, dass die indirekte Monetarisierung durch eCommerce-Erlöse boomt:

 

Die Nutzungsdauer ist auch bei den Shop-Apps gestiegen. Dabei fällt auf, dass die “digital-first”-Anbieter höhere Zuwächse verbuchen konnten (blauer Kreis), während die Anbieter mit einem hohen Ladenanteil viel langsamer wuchsen. (Quelle/Copyright: App-Annie)

 

Die Trends liegen für den Appmarkt auch auf der Hand. Folgt man Jan Wolter auf mobilbranche.de, so sind diese für 2017 künstliche Intelligenz (Stichwort Chatbots), augmented reality (Stichwort Pókemon Go), mobile payment (Stichworte Apple Pay, Blockchain), Internet der Dinge (Stichworte Smart home, Connected car) und m-commerce (Stichworte click&collect, conversational search).

 

Die Erlöse: wie monetarisiere ich eine App?

Die Erlösmodelle im Appmarkt sind für Medienanbieter nicht einfach. Deshalb ist eine Gesamtbetrachtung der Geschäftsmodelle und crossmedialer Effekte immer sinnvoll. Dabei gibt es Sondereffekte wie z.B. den, dass nach der Wahl von Trump die NYT, die Washington Post und andere Qualitätsmedien deutlich an Zuwachs gewinnen konnten – sowohl digital und im Print. Trotzdem bleibt der Markt schwierig.

Snapchat zeigt deutlich, dass Umsatz und Rendite nicht gleichzeitig zu den Zielen zählen dürfen. Wer wirklich groß werden will, muss anfangs auf die Reichweite achten und braucht dafür viel Geld und geduldige Investoren. Und die sind in der Regel in den USA zu finden. (Quelle: statista)

Sonst sieht man im Zeitungsmarkt beispielsweise wenige Freemium-Modelle, die sonst üblich sind – und bei Fachinformationen noch weniger. Das führt zu niedrigeren Nutzungsraten. Ist Reichweite jedoch das Ziel, kommt man an Freemium-Angeboten nicht vorbei. Und bei der Monetarisierung durch Werbung muss man sich bewusst sein, dass dies eine Disziplin für Experten geworden ist. Benchmark ist hier sicherlich die Spieleindustrie, die auch nach der Studie von App-Annie den größten Bereich darstellt. Wer sich selber in die Tiefen des Themas einarbeiten will, dem sei z.B. das Advertorial zum Thema Mediation bei der Monetarisierung von Werbeerlösen empfohlen. Spezialisierte Dienstleister können hier wie an der Börse die besten Preise herausholen.

 

Die Kostenseite: was kostet mich ein App-Projekt?

Und das bietet auch eine gute Überleitung zu den Kosten einer App. Das eine sind die Entwicklungskosten. Fritz Ramisch hat die Ergebnisse einer Studie von iBusiness zusammengefasst, die die üblichen Preise für die Appentwicklung in Deutschland aufführt. Dazu kommen aber immer noch Wartung, Weiterentwicklung, Systemintegration etc. Die klassische Regel bei der Softwareentwicklung gilt auch hier: Zwei Drittel der Kosten sollte man für die Maintenance planen.

 

Die Vermarktung von Mobile-Apps

Noch bedeutender sind jedoch die Marketingkosten. Und diese können je nach Zielgruppe nochmals denselben Betrag wie die Entwicklung verschlingen. Um keine “Zombie-App” zu haben, die nur über die direkte Suche im Store mehr schlecht als recht auffindbar ist, muss man so viele Touchpoints zum Kunden bedienen. So rechnen Marketingspezialisten wie Melina Ex z.B. im b2c-Bereich mit einem Verhältnis von 1:2,5 bei organischen und bezahlten Installationen. Das macht bei 0,80 € für incentivierte Installationen und 2,50 € bei organischen Installationen je nach Ziel eben auch immer schon ein Sümmchen aus. Und neben den von anderen Produktformen gewohnten Mechanismen des Online- und Social-Media-Marketing hat sich nicht ohne Grund die “App-Store-Optimization” als eigenständige Marketing-Disziplin entwickelt.

Unser Klassiker „Wie vermarktet man Apps?“ ist auch nach vier Jahren noch in allen Punkten gültig. Als Ergänzung bieten sich die Checkliste von Essential Designs oder Sean Bowens sechs Empfehlungen an, die ebenfalls die Konzeption und Vermarktung zusammen denken:

  1. Performance ist alles, denn die Kunden wollen nicht warten.
    Vergiss dieses Handwerk nicht, auch wenn es lästig ist.
  2. Mach es einfach.
    Die Welt ist kompliziert genug und weniger ist mehr.
  3. Gib dem Kunden ein Erlebnis, egal ob auf dem Tablet, Phablet oder Smartphone.
    Verwirre ihn nicht mit unterschiedlichen Funktionen, nur weil die Geräte andere sind.
  4. Sei kein Vampir.
    Deine App soll sparsam sein bei Strom und Daten.
  5. Gib dem Kunden auch das, was ihm wirklich wichtig ist.
    Denn sonst beschwert er sich und ist weg.
  6. Spiel mit den anderen Apps.
    Und lass den Kunden deren Funktionen nutzen, wenn er will.

 

 

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.