Wie vermarktet man Apps? So machen es die Besten

Alle 90 Sekunden kommt eine neue App in den Appstore. Das macht 1000 am Tag. Und wie viele Apps hat ein Benutzer in der Regel aus seinem Gerät? Richtig, 25. Damit ist die Aufgabe, für Wahrnehmung zu sorgen, noch schwieriger als im überfüllten Buchmarkt. Ein Grund mehr, sich die Benchmarks näher anzusehen:

  • Was wird am meisten genutzt im Appstore? Spiele.
  • Mit was lässt sich im Appstore Geld verdienen? Mit Spielen.
  • Welcher Markt ist deshalb hart umkämpft? Der Spielemarkt.
  • Wer hat im letzten Jahr viele Spiele in die Top-Charts von Apple gebracht? NaturalMotion.

Ein Grund, sich den sehr guten Vortrag von  Torsten Reil, dem CEO von NaturalMotion, näher anzusehen:

Hier wird deutlich, dass ein gutes Produkt reifen muss. Und zwar durch die genaue und konsequente Beobachtung dessen, was der der Kunde macht und will. Digitale Produkte geben und brauchen viele Daten vom und über den Kunden. Und sie reifen mit diesen Informationen, wenn sie richtig genutzt werden.

Die Erfahrungen aus der Spielebranche lassen sich problemlos auf andere Branchen übertragen – und ergänzen unsere vorliegenden Artikel zur Vermarktung von Apps, die Bedeutung der Erwähnungen im App-Store und die regelmäßigen Hinweise auf aktuelle Entwicklungen sehr gut. Vor allem deshalb, weil Spiele auf dem Smartphone oder iPad nicht gleich zu setzen sind mit Spielen auf der Konsole. So wie ein eBook kein gedrucktes Buch ist.

  1. Einzigartig sein
    Der Ausgangspunkt ist immer wieder Apples Motto “what is the differentiator…”. Es gibt einfach zu viel auf dem Markt. NaturalMotion überzeugt durch die gelungene Wiedergabe von Bewegungen und hat damit schon einmal eine gute Ausgangsbasis.
  2. Gib den Kunden Häppchen
    Niemand will auf dem Smartphone einen Schweinsbraten essen. Dazu reicht die Zeit einfach nicht. Sushi, Witze und kurze Gedichte haben die richtige Länge, um die Wartezeit an der Haltestelle zu verkürzen. Alles was länger dauert, soll in gut verdaubare Happen portioniert werden.
  3. Lass die Spieler zusammen spielen
    aber lass sie selbst bestimmen, wann. Mobile Endgeräte sind sehr sozial. Aber nur, wenn ihr Besitzer die Zeithoheit behält. Da das Telefonieren ein kommunikativer Akt ist – wir erinnern uns: das Smartphone war früher mal ein Telephon – , ist der Nutzer eines Smartphones geneigt, vieles auf seinem Gerät zu teilen. Und er spielt auch gerne mit anderen. Man muss also die richtige Mischung von Zusammenspiel und Zeitpunkt des Spielens wählen. Denn nicht immer warten die Spieler gleichzeitig auf ihren Bus, in Berlin und Hong Kong.
  4. Definiere die Zielgruppe
    Da viele Spieler auf dem Smartphone und Tablet Gelegenheitsdiebe sind, muss man sich genau überlegen, wie speziell man werden kann, wenn man einen Bestseller landen will. Bestseller sprechen die Masse an. Aber man kann auch Bestseller in einem Nischenmarkt produzieren.
  5. Vereinfache
    In einer Welt der Spezialisten und fehlenden Standards ist nichts offensichtlich. Jeder hat andere Gewohnheiten und einen anderen Blick. Will man ein breites Publikum erreichen, holt man sich am besten Testpersonen, die von den Dingen keine Ahnung haben, um die Bedienbarkeit zu prüfen. Kindermund tut Wahrheit kund.
  6. Lass sie gewinnen
    Schon die Ägypter haben sich über die Nachlässigkeit der Jugend beschwert. Die heutigen Smartphone-Spieler sind auch nicht mehr das, was die Gameboy-Generation noch auszeichnete: Sie beissen sich nicht mehr durch. Wenn sie nicht gleich Erfolgserlebnisse haben, geben sie auf. Es sind halt Gelegenheitsspieler. Ein sehr schönes Bild ist deshalb im Vortrag ab Minute 13.30 zu sehen: Erfolgreich ist das Spiel, wenn man den iPhone-Footballspieler lässig an allen Verteidigern vorbeiziehen lässt als wären diese Synchronschwimmer – und untermauert damit das Ego des Nutzers. Alles andere straft er mit Nichtachtung. Hier zeigt sich einmal mehr: Erkenne Deine Zielgruppe, erkenne ihre Bedürfnisse und glaube nicht, die Leser der Hamburger Ausgabe von Goethes Werken wären dieselben, die seine Venetianischen Epigramme auf dem iPhone goutieren. Sie brauchen den schnellen Kick. Sie sind halt noch jung.
  7. Irgendwann macht es Klick! Bleib solange dran
    Bei aller guten Arbeit, bei allen nützlichen Checklisten von smart digits – wann genau die Verkäufe explodieren, das lässt sich nicht genau vorhersagen. Es mag an einem Detail liegen, das die Kunden überzeugt, an einer anderen Farbgebung eines Reglers, der richtigen Ansprache von Multiplikatoren… ma wees es net.
  8. Wienern, bohnern, polieren
    Erst nach dem letzten Schliff wird Apple nach seiner Meinung gefragt. Es ist wichtig, alle Hausaufgaben zu machen, alle Teststrecken zu fahren, jede kritische Meinung geprüft zu haben. Apple will Qualität.
  9. Tut mir leid. Nochmal wienern, bohnern, polieren
    Es hilft nichts. Ein Tropfen Schweiß geht noch. Erst wenn alle Details sitzen, ist das Gesamterlebnis rund. Diese Erfahrung belegt, dass eine App wie ein Film, eine Theatervorführung, eine musikalische Aufführung erst dann “rund” ist, wenn die Geschichte zur Dramaturgie zum Bühnenbild zu den Schauspielern zum Aufführungsort und den Zuschauern passt. Der Zuschauer ist anspruchsvoll. Er will positiv überrascht werden. Viele Details. Viel Arbeit.
  10. Teste Icon und Name
    Am besten man baut das Icon in eine Seite mit allen möglichen Konkurrenzprodukten. Und lässt dann Kunden wählen. Welches Icon fällt auf? Welches gefällt mir? Welches gefällt den Testpersonen?
    Bei der Namensgebung ist es genauso. Nutzen Sie Facebook und andere Social Media-Plattformen als Testumgebung.
  11. Weiter verbessern. A oder B?
    Einmal beim Kunden bieten digitale Produkte viele Informationen über die Nutzung. Über A/B-Tests lassen sich ganz einfach die Vorlieben der Kunden erkennen. Das soll man nutzen. Das Bessere ist der Feind des Guten.
  12. Jetzt sollen andere für Dich sprechen
    Stimmt die Qualität, dürfte PR nicht mehr schwer sein. Ist es leider doch. Aber auch wenn man nicht weiß, ob und wenn ja, warum einen Apple empfiehlt – es gibt auch noch andere Stellen, die die App besprechen sollen. Möglichst oft.
  13. Schau mal, was ich hier habe…
    Virales Marketing braucht eines: ein Element, das ich gerne anderen zeige. Dann funktioniert die Spmartphone-zu-Smartphone-Propaganda und jeder zeigt dem anderen beim Bier, was er tolles entdeckt hat.
  14. There will be change
    In einem halben Jahr ist die Lage wieder anders. Sie sollten spätestens dann wieder  www.smart-digits.com besuchen und die Überarbeitung dieser Checkliste ansehen. Zumindest bei motion pictures ist man davon überzeugt, dass die hier aufgestellten Regeln der Konkurrenz nicht den entscheidenden Wettbewerbsvorteil bieten werden. Denn der Markt ist schon wieder weitergezogen.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.