In den USA kreist die Diskussion um die Zukunft der Verlage und Self Publishing vor allem um einen Namen: Amazon. Wie so oft lohnt sich ein Blick auf die Einschätzung von Mike Shatzkin: Amazon war schon immer ein Benchmark und wird auch im Bereich Self Publishing eine treibende Kraft werden, weil Amazon das Buchgeschäft versteht (im Gegensatz zu Apple), sehr gut in der Umsetzung der Serviceleistungen ist (und früh mögliche Konkurrenten aufgekauft haben) und in den einzigen beiden Wachstumsbereichen der Buchbranche tätig ist: dem eBook und dem Onlineshopping. Amazon wird deshalb auch als Verleger ein sehr ernst zu nehmender Konkurrent sein.
Amazon als Verleger
Jon Peters will sogar eine Zeitrechnung vor dem Wandel Amazons zum Verleger einführen und eine danach. Und kaum ein Podiumsgesprächs unter Verlegern, das sich nicht auch zum Verhältnis von starken Marken, Self Publishing und dem Verschwinden der “midlist” äußert. Autorinnen wie Edan Lepucki fühlen sich verpflichtet, auch Gründe für die Zusammenarbeit mit Verlagen ins Feld zu führen.
Am Beispiel von Robert Niles Schilderung seiner Erfahrungen mit Self Publishing bei Amazon, Google, Apple und Barnes&Noble, einem sachlichen Vergleich der Vor- und Nachteile, erkennt man, dass das Thema in den USA zum Standard wird. Und es entwickelt sich eine neue Dienstleisterkultur rund um die “Self Publisher”. So wie zum Beispiel Alan Rinzler jetzt einer immer breiteren Autorenschaft seine Dienste anbietet.
Wer ist besser informiert? Der beauftragte Journalist oder der zufällig vorbeikommende Twitterer?
Dass die Buchbranche in diesem Fall von einem Blick auf die Zeitungs- und Nachrichtenlandschaft profitieren kann, wird an dem sehr guten Artikel von Ulrike Langer über die Veränderung des Journalismus durch Social Media und Self Publishing deutlich. Journalisten spüren schon längst die Konkurrenz der Blogger und Twitterer im Nacken und müssen sich fragen, wer ihre Leistungen eigentlich in Zukunft noch bezahlt. Hier hat der “disruptive change” der Digitalisierung schon tiefere Spuren hinterlassen. Schon länger wetteifern die Journalisten mit Twitterern um Schnelligkeit und geschicktes Crowdsourcing ist jeder Redaktion überlegen. Einen Ausweg gibt es nicht gegen, sondern nur mit der digitalen Welt. Ulrike Langer zeigt ein paar von zahlreichen Beispielen, bei denen Redaktionen im Austausch mit ihren Zielgruppen im Netz neue Ideen entwickeln. Und einen Schritt weiter gedacht finden sich Medienprojekte, die gleich zu Beginn die Finanzierung durch die Beteiligung vieler und einen Spendenaufruf (Crowdfunding) sicherstellen. Der in der Presse vielbeachtete Film “Hotel Desire” ist eines der aktuellen, populäreren Beispiele für Crowdfunding. Über Portale wie startnext können künstlerische Projekte finanziert werden, sellabend ist ein Beispiel aus der Musikindustrie und bei Leander Wattig findet sich eine ganze Liste mit Crowdfunding-Plattformen bzw. -Beispielen aus den verschiedensten Bereichen. Und das Buch Krautfunding ist selbst ein Beleg für die neue Finanzierungsform.
Aufgaben für Verlage
Zurück zu den Verlagen und einem Fazit aus den Erfahrungen in den USA und anderen Medienbranchen:
Im Kampf um gute Autoren und Inhalte werden Verlage nicht umhin kommen, auch für ihr digitales Angebot die folgenden Aufgaben zu lösen:
- die Ausdehnung der eigenen Marke in die digitale Welt. Oder überhaupt den Aufbau einer eigenen Marke und der Nachweis, dass damit eine genügend große Zielgruppe erreicht wird. Dann macht die Verknüpfung des Verlagsnamens mit dem des Autors Sinn.
- eine qualitativ hochwertige Beratung zum Inhalt und der Positionierung des Werkes und die Sicherstellung eines reibungslosen Workflows, der ein handwerklich gutes Produkt liefert. Noch immer gilt: Ein Autor will etwas mitteilen. Und der Verlag hilft ihm bei der Formulierung der Botschaft und der Verbreitung. Es ist eine persönliche Botschaft des Autors. Und der Autor bringt dem Verlag Vertrauen entgegen. Der persönliche Kontakt zum Verlag, die gemeinsame Verpflichtung zur Entwicklung des Buches, kann in vielen Fällen den Ausschlag geben. Wenn die handwerkliche Kompetenz (=gutes Produkt, bestmöglicher Vertrieb) stimmt.
- die Kompetenz in der Vermarktung in der digitalen Welt. Wenn die größte Leserschaft über Twitter, Facebook und Co. erreichbar ist, muss der Verlag zeigen, dass er das besser kann als der Autor. Oder ihn zumindest dabei unterstützen kann. Dass die Schnittstellen zu den digitalen Distributoren ebenso reibungslos funktionieren wie zum stationären Buchhandel versteht sich von selbst.
Nur dann kann der aktuelle Vorsprung als Verleger auch im digitalen Umfeld gehalten werden. Denn noch ist der Hauptvertriebsweg für Bücher der (Buch-)Handel. So ein gedrucktes Pfund wiegt noch schwer in der Hand. Noch wirken auch die tradierten Verlagsnamen. Aber der künftige Marketing- und Distributionsmix, der Autoren überzeugt, wird sicher anders aussehen.
Weiterführende Links zum Thema
In Deutschland übernehmen Anbieter wie lulu, Books on Demand, Lightning Source, E-Pubbi oder ePubli klassische Verlagsaufgaben für den Autor. Sie führen die Tradition der Universitätsverlage fort wie Peter Lang oder Sierke.
Erste Tipps zum Self Publishing gibt´s unter http://www.web-fortbildung.de/wiki/index.php/Buch_selbst_ver%C3%B6ffentlichen
Wie breit das Thema in der digitalen Szene schon verankert ist zeigen die zahlreichen Blogs und Gruppen auf Facebook:
http://www.teleread.com/
http://www.publishyourownebooks.com/
http://www.futurebook.net/
http://www.e-book-news.de/
http://www.facebook.com/groups/184413921615603/264345660289095/Und auch in Deutschland äußern sich Ehrhardt Heinold, Sebastian Schürmanns u.a. schon häufiger zum Thema.
Wer zum Abschluss noch ein Beispiel aus den USA sehen will, wie überfordert unerfahrene Autoren sind und erkennen müssen, dass viele klassische Tätigkeiten in Verlagen doch nötig sind, um ein qualitativ hochwertiges Buch zu produzieren, dem sei dieser Link zu ABC-News empfohlen:
http://abclocal.go.com/kgo/story?section=news/7_on_your_side&id=8448758
Siehe auch:
Self Publishing I
Self Publishing und Crowdsourcing
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