Mit neobooks hat soeben ein deutsches Self-Publishing-Angebot von Droemer Knaur den AKEP-Award 2011 erhalten. Ein guter Anlass, sich Self-Publishing einmal näher anzusehen.
Das Thema ist deshalb so interessant, weil es die Frage nach der Wertschöpfung von Verlagen stellt. Mit der Digitalisierung wird die Produktion von Büchern als Wertschöpfung von Verlagen und ihrer Struktur weitgehend überflüssig. Jeder kann heute mit geringem Aufwand sein Word-Dokument als eBook veröffentlichen und dann auf ganz anders ausgerichtete Dienstleister zurückgreifen. Die Distribution übernehmen die neue Plattformen und shops wie Amazon, Apple, Google. Neudeutsch spricht man vom Verschwinden des “middleman”, der sich zwischen Produzent und Kunde als Vermittler, Distributor oder was auch immer etabliert hat.
Wo liegt also noch die Wertschöpfung der Verlage?
Bleibt also die klassische Auswahl der Autoren und Inhalte, die Frage nach Qualität und die Unterscheidung von Gut und Schlecht und dem damit verbundenen Markenaufbau. Jeder Verlag mag das anders definieren und dem folgend steht Suhrkamp für eine bestimmte Autorenschaft und entsprechende Inhalte, Taschen für eine andere und GU bietet wiederum ein anderes Markenprofil.
Der Verlag schärft das Profil des Werkes und damit auch das Profil des eigenen Verlages und sorgt sich um die Vermarktung.
Braucht es dafür aber noch einen Verlag?
Ein gutes Lektorat und die Schärfung eines Profils könnte von einer Agentur oder einem Freelancer genauso gemacht werden wie von einem Verlagsmitarbeiter, vielleicht sogar besser. Denn letzterer ist stärker in den Zwängen seines Unternehmens gefangen: “wir brauchen unbedingt einen massentauglichen Bestseller zum Herbst” – “der Titel erhält im Vergleich zum gleichzeitig erscheinenden Werk xy nur wenig Aufmerksamkeit und Budget” – “das Thema haben wir noch nie gut verkauft”…
Der Zwang zur Mischkalkulation verwässert zwangsläufig ein Programm und die finanziellen Schwierigkeiten in einigen Verlagen führen zu einer Verknappung der Lektoratsressourcen.
Also: Wem es um die Verbesserung eines Textes geht, um die Arbeit am Manuskript, der muss nicht unbedingt zu einem Verlag gehen.
Wer erreicht am meisten Kunden?
Und die Vermarktung? Der Aufbau eines Autorennamens im Rahmen eines passenden Umfelds? Sam Harris hat das sehr schön in seinem Blog erläutert: Da er sich selber eine so große Fangemeinde aufgebaut hat, benötigt er weder Zeitschriften noch Verlage, um seine Bücher zu vermarkten. Er veröffentlicht trotzdem noch bei Free Press in der Währung, die Verlage anzubieten haben: Bücher über 200 Seiten zu einem Preis über 10$. Alles andere veröffentlicht er auf seinem Blog oder bei Amazon. Und er weiß selbst keinen Ausweg aus dem Dilemma, wie guter Content auch künftig honoriert werden soll.
Sprich: Self Publishing ist im digitalen Zeitalter deshalb etwas anderes als ein Print-on- Demand-Druck, der vor Jahren zu Weihnachten der Verwandtschaft unter den Baum gelegt wurde, weil heute jeder über Social Media mit ein wenig Fleiß und Glück eine ganz große Verwandtschaft und viele viele Freunde erreichen kann.
Amazon bietet dem Autor, je nach Pricing und Absatzmarkt, immerhin bis zu 70% der Erlöse. Und wirbt mit erfolgreichen Prominenten als Beweisen für den Erfolg. Wem es nur um Distribution geht, der ist dort gut aufgehoben. Denn wenn er selbst über Social Media kräftig die Werbetrommel rührt, ist das Marketing auch schon zu Teilen erfolgt.
Was bedeutet das für Portale wie neobooks?
Die Bindung von Autoren und Leser an das eigene Self-Publishing-Portal ist immer richtig. Und sei es, weil die eigenen Leser hier auch ein wenig bewerten und schreiben können. Sie sind aktiv und aktive Leser sind immer bessere Leser (und Kunden). Vielleicht findet sich auch der ein oder andere Autor darunter.
Zugleich wächst eine (digitale) Leserschaft heran, die auch mit neuen Titeln beworben werden können. Und jedem neuen Autor kann durch diese Aktivitäten erläutert werden, dass man auch die Klaviatur der digitalen Vermarktung zu spielen weiß.
Droemer Knaur hat nach anfänglichem Zögern auch zu Recht den eigenen Verlagsnamen dazugestellt. Denn der bindet.
Weiter zu den Erkenntnisse aus den USA und was Verlage tun sollten in:
Self Publishing II
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