Was Autoren von Verlagen erwarten. Denn Selfpublisher sind auch nur Menschen

Das Szenario ist klar: Autoren werden in Zukunft ihre Bücher nur noch im Selbstverlag herausbringen, weil sie dann viel mehr Geld verdienen und nicht von Verlagen abhängen. Wirklich? Ein Blick auf die Selfpublisher in den USA zeigt, dass natürlich nicht sofort alle Aufgaben gelöst sind, die Verlage zu Verlagen gemacht hat. Die Plattform Smashwords ist ein gutes Beispiel. Sie verdient ihr Geld mit dem Verkauf von Büchern, die im Selbstverlag oder von unbekannteren Verlagen geliefert werden. Man kann dort ohne großen Aufwand seinen Titel einstellen und verkaufen. Das Angebot besteht immerhin schon im vierten Jahr. Ihr Gründer Mark Coker hält Ratschläge für seine Autoren bereit, wie man ein gutes Buch macht und erfolgreich ist, auch ohne einen etablierten Verlag.

Nicht nur auf slideshare werden zahlreiche Präsentationen angeboten, auch ein kostenloses eBook zum Thema Self Publishing wird vertrieben und bietet allen möglichen Kunden die relevanten Informationen zum Schreiben und Vermarkten der eigenen Titel. Dass dabei die Kindle-Ausgabe 1.11 $ kostet und dieselbe Ausgabe bei nook kostenlos ist, gehört zu den vielen Holprigkeiten dieses Marktes.

Auch für Coker ist der Weg zum Erfolgsautor steinig, mühsam und selten erfolgreich. Produktion und Distribution ermöglichen es zwar jedem, ein Buch zu schreiben und zu vertreiben und der Übergang zum Lesen am Bildschirm tut sein übriges. Aber jetzt beginnt im Grunde dieselbe Arbeit, die jeder Verlag vor sich hat. Zusammengefasst rät Coker folgendes:

  1. Qualität zählt.  Je mehr Titel auf dem Markt sind, desto wichtiger wird sie.
    Lektorieren, überprüfen, schärfen – all diese Aufgaben, die ein guter Lektor übernimmt, sie sind gefragter denn je.
    Ein stimmiges Cover ist ebenso wichtig wie der richtige Titel, die gute Beschreibung des Inhalts, der richtige Preis, etc. etc.
  2. Verlegen ist ein Geschäft. Nur wer es gut betreibt, hat Erfolg. Der kaufmännische Blick ist nötig, weil sonst der Einsatz der Mittel nicht stimmt, das Geld nicht fließen kann, um in weitere Bücher und die Vermarktung zu investieren, den Kreislauf am Leben zu erhalten. Es ist ein Beruf.
  3. Spezialisten können es besser. Es gibt Fachleute für das Lektorat, die Covergestaltung, die Vermarktung im Internet…. Sie sind in guten Verlagen zu finden. Oder sie bieten ihre Dienste frei an.
  4. Alle verfügbaren Verkaufsstellen müssen genutzt werden. Nichts neues also, aber eine Menge Arbeit für jemanden, der es selber machen muss. Und die Anzahl der Verkaufsstellen hat zugenommen durch die eBooks und Apps. Der Organisation und Pflege der Metadaten kommt bei digitalen Produkten noch eine besondere Bedeutung zu. Und erhöht die Komplexität.
  5. Die Vermarktung beginnt mit der eigenen Website und hört im weiten Land der social media nie auf. Virales Marketing ist wichtig, aber umsonst, wenn die oben erwähnten Punkte nicht greifen.
  6. Es ist ein langer Weg. Und ein Buch macht noch keinen Sommer. Ein Name will entwickelt werden, eine Lesergemeinschaft entsteht nicht sofort. Das siebte Buch verkauft sich besser als das erste. Und ein Werk ist in der digitalen Welt nie fertig. Das hat Vor- und Nachteile. Es bedeutet aber auch, dass die Arbeit nie ausgeht.

Das kommt Ihnen bekannt vor? Sie haben es schon einmal in einem Grundlagenkurs für Verlagsarbeit gelesen? Richtig.

Diese Ratschläge zeigen, dass die Arbeit an den Werken prinzipiell keine andere geworden ist. Der Botschaft eines Autors Gehör zu verschaffen ist nach wie vor aufwändig. Und genau deshalb gibt es ja Verlage und Autoren. Weil letztere lieber schreiben als verkaufen und den Freiraum brauchen, um sich auf die Inhalte zu konzentrieren. Sie wollen nicht auch noch Manager ihrer Werke sein.

Aber Achtung: Die Botschaft lautet natürlich nicht, dass alles beim alten bleiben kann. Verlage erhalten Konkurrenz von anderen Dienstleistern, die günstiger, wendiger oder “digitaler” aufgestellt sind als sie. Die die elektronischen Produkte besser bearbeiten und vermarkten können. Da Verlage in der Regel das Gedruckte und das Digitale gleichzeitig bewältigen müssen, sind die Aufgabe doppelt umfangreicher geworden. Das richtig zu organisieren, darin liegt die Herausforderung.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.