Warum nicht nur Verlage Bücher machen können – das Beispiel TED

Disruptive Change – der Umbruch einer Branche, eines Marktes, einer Gesellschaft heißt nicht sofort, dass die geliebten Produkte der Vergangenheit verschwinden. Gelesen wird wohl auch in Zukunft. Aber wer hier Bücher auf den Markt bringen wird und warum, das ändert sich mit Sicherheit. Ein einfaches und wohl deshalb gutes Beispiel ist der Auftritt von TED (Abkürzung für technology, entertainment, design).

Das Prinzip “ideas worth spreading” könnte auch das Motto eines Buchverlages sein. Verkauft werden aber Konferenzen, die Gespräche und Videos davon. Die Teilnehmer sind prominente Redner, der Anspruch ist immer, dass der Impuls für viele wichtig ist. Und TED publiziert jetzt auch Bücher. Sie können auf dem iPad als multimediale Werke über die eigene App bezogen werden als inApp-Purchase, oder auch als Kindle edition über Amazon. Im Abo kosten die Titel 14,99 $ für drei Monate, alle zwei Wochen kommt ein neuer Titel und auch die Ausgaben bei Amazon kosten zwischen 2,45 $ und 3,30 $.

Die iOS-App präsentiert dabei ähnlich zu iBooks in Buchregal-Ansicht das Sortiment der verfügbaren Titel für den In-App-Kauf bzw. stellt Leseproben zur Verfügung:

Die TED-App. Quelle/Copyright: http://www.ted.com/

 

Die Gründe für ein derartiges Programm liegen auf der Hand:

  • Die prominenten Autoren sind schon da. Und haben etwas zu sagen.
  • Für Nachschub ist gesorgt, weil für die Konferenzen eh nach neuen Themen gesucht wird.
  • Das Format der Konferenzen und der Videos ist begrenzt. In einem (multimedialen) Buch kann man viel mehr darlegen. Und damit Mehrwert bieten.
  • Die Bücher bieten ein Erlebnis wie eine Zugfahrt: Die Gleise sind gelegt, die Konzentration auf einen roten Faden ist gegeben. Es gibt ein klares Ziel und keine Abweichung von der Route, so reizvoll das auch sein kann. Und die multimedialen Elemente bieten Zusätze, die aber die Reise nicht stören oder aufhalten. Und genau darin liegt der Unterschied zum Surfen im Netz.
  • Die Bücher sollen in einer Stunde gelesen werden können. Das entspricht dem (schnellen) Rhytmus der anderen Medien bei TED.
  • Dies kommt vielen Autoren entgegen, die vor zu umfangreichen Titeln zurückschrecken.
  • Die Erlöse werden mit den Autoren 50/50 geteilt und sind ein weiterer Ansporn. Denn TED sieht den weiteren Ausbau der Plattform mit verschiedenen Angeboten als Marketingaufgabe.

Die multimediale Aufbereitung der Titel ist dabei exzellent gemacht, denn in Kooperation der dieses Jahr gestarteten Plattform Atavist wurde ein Werkzeug der jüngsten Generation zur Verbindung von Text mit Audio, Video, Photos, Kartenmaterial, interaktiven Grafiken und Zeitleisten eingesetzt:

Die Aufbereitung der Texte und der multimedialen Zugaben beeindruckt dabei durch eine ebenso schlichte wie effektive Visualisierung: Fotos werden in den Textfluss integriert, Textstellen mit medialen Vertiefungen dagegen links neben dem Text angezeigt. Gleichzeitig läßt sich über diese Anzeige die Markierung des Links im Text ein- und ausschalten.

 

Die Links zeigen über Icons den Typ der Verknüpfung an. Durch Anklicken wird der Inhalt in einem Overlay angezeigt:

Overlays zur Anzeige der Multimedia-Inhalte.
Quelle/Copyright: http://www.ted.com/

 

Daneben können zu jedem Kapitel Kommentare angelegt werden, die allen Nutzern der Anwendung angezeigt werden. Funktionen wie “per Mail verschicken” oder “Teilen in Facebook/Twitter” scheinen in den Reader-Anwendungen mittlerweile zum Quasi-Standard zu gehören und sind auch hier selbstverständlich integriert.

Der Kurator von TED, Chris Anderson hat also allen Grund zur Freude, denn aus einer bereits sehr erfolgreichen Konferenz-Plattform wurde hier unter Einsatz einer Web-Plattform der jüngsten Generation ein neuer und innovativer Kanal zu einer weiteren Zielgruppe geöffnet.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.