Crowdsourcing – oder wie digitalisiere ich meine Altbestände

Die Digitalisierung der eigenen Bestände mag vielen Verlagen wie eine Tat des Herakles vorkommen, einer Säuberung der Ställe des Augias: viel zu viel für ein Menschenleben. Der Helden sind es nicht weniger geworden in den letzten Jahren, aber zu wahrer Größe schwingen sich die kollaborativen Plattformen auf: Was einer alleine nicht schafft, machen viele in kurzer Zeit. Wie Crowdsourcing im mobilen Web funktioniert, haben wir schon an anderer Stelle erläutert und vielleicht ist es an der Zeit, sich dieser Methoden richtig zu bedienen. René Kohl hat kürzlich wieder auf reCAPTCHA hingewiesen, einen Google-Dienst, der Altbestände digitalisiert, und mobile Zeitgeist verweist auf das groß angelegte Crowdsourcing-Projekt “Human Face of Big Data”.

Das Prinzip ist einfach: Jedem Nutzer werden z.B. einzelne Wörter vorgelegt, die er korrekt hinschreiben muss. Diese Aufgabe wird mindestens zwei Nutzern gegeben, so dass dadurch Fehler oder Falschaussagen überprüft werden. Da die Tätigkeit nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt, ist der Nutzer auch bereit, diese Arbeit auf sich zu nehmen.
Warum er das macht, kann aus zwei Gründen erfolgen:
Er erhält eine Belohnung, sei es weil er seinem Spieltrieb folgt, sei es weil er soziale Anerkennung in einer Gruppe erhält.
Oder er muss es machen, weil er sonst eine Hürde im Web nicht meistern kann (sein Server wird als Spamserver gelistet, er erhält keinen Zugang zu bestimmten Seiten etc.).

Hierzu gibt es auch schon einige Anbieter im digitalen Markt:,  Über expertcloud lassen sich die Tätigkeiten eines Call-Centers online leichter organisieren und abwickeln, digitale Produkte lassen sich durch testCloud virtuell überprüfen auf Qualität und Nieren und über workhub, CrowdGuru oder andere lassen sich leicht delegierbare Dienstleistungen wie das Tagging von Bildern erledigen.

Gescannte Texte können nicht immer richtig verstanden werden, weshalb sie von Menschenauge überprüft werden müssen. Diese Aufgaben übernimmt reCAPTCHA, indem sie z.B. bei der Überprüfung von Zugängen ganz einfach eingescannte Wörter überprüfen lässt. Durch die Millionen User im Netz können zahlreiche Bücher somit richtig digitalisiert werden.

Interessant ist hierbei das Geschäftsmodell. ReCAPTCHA bietet den Kunden einen kleinen Dienst an, eine Belohnung. Sie besteht aus einem Spamfilter, der es die Spamer dazu verplichtet, Adressen zu überprüfen. Für diese Überprüfung werden auch wieder Wörter aus gescannten Texten genommen zur Überprüfung. Da nur wissende Kunden diesen Test bestehen, nicht aber automatisiert ablaufende Spamprogramme, werden weniger Spammails verschickt und neue Texte bearbeitet.

Durch die Verteilung der Arbeit auf viele Schultern und die Belohnung durch kleine Geschenke können große Mengen an delegierbaren Aufgaben erledigt werden. Schnell und effizient.

Wenn es um digitale Geschäftsmodelle, Prozesse oder Zusammenarbeit geht, hilft meist kein Blick zurück.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.