Was denkt eigentlich Ihre Zielgruppe über Ihre Produkte?
Weil die Sicht des Kunden darüber entscheidet, ob Ihre Angebote künftig Erfolg haben werden, stellen drei Absolventinnen des Masterstudiengangs Buchwissenschaften der LMU München hier ihre Untersuchungen vor: zu einem Facebookauftritt, den Anforderungen an eine Lehrplattform und den “gläsernen” Leser im Big Data-Strudel. Die Beiträge vereinen bewusst die fundierte Recherche mit einer persönlichen Stellungnahme. Für weitere Fragen stehen die Autorinnen zur Verfügung und können über die angegebenen Adressen erreicht werden.
Im Folgenden erläutert Anne Seifert, was sie sich von einem Lehrwerk der Zukunft verspricht. Dass digitale Lehrwerke besser sein können als ihre gedruckten Vorfahren liegt auf der Hand. Dass die Onlineangebote der Universitäten zur großen Konkurrenz der Verlage werden, ist auch hinlänglich bekannt. Wo liegt also die Chance für die Verlage? Sie müssen genau hinhören, was ihre Kunden wollen: Was genau wünscht sich z.B. eine Studentin im Masterstudiengang Buchwissenschaft?
Am Ende eines Semesters steht jede/r Studierende/r vor anstehenden Prüfungen. Um sich diesen zu stellen und sich darauf vorzubereiten, hat jede/r eine andere Strategie. Doch meist sieht das Lernumfeld so aus: Man sitzt an einem möglichst großen Tisch und versucht aus den Mitschriften, Lehrbüchern, seminarinternen Unterlagen usw. die prüfungsrelevanten Informationen zusammenzutragen. Mit Hilfe eines Computer werden zusätzlich weitere Informationen zu den Prüfungsinhalten gesucht und fließen anschließend in die Wissenssammlung mit ein. Diese Technik ist zeitraubend und sehr arbeitsaufwändig.
Es geht jedoch auch einfacher. Für einige Studiengänge und Fachbereiche gibt es heute digitale Lehrbücher, die, angereichert mit multimedialen Elementen, den Studierenden das Lernen vereinfachen. Basierend auf den relevanten Fachbüchern, wird in diesen Enhanced E-Books das Wissen präsentiert und vermittelt, welches für die einzelnen Prüfungen von besonderer Bedeutung ist. Gute Lösungen bieten hier u.a. McGraw-Hill mit Learnsmart und Elsevier mit mediscript online.
Bei Learnsmart werden verschieden Übungsformen und Lehrinhalte anschaulich und bedienungsfreundlich angeboten. Mit einem Nutzernamen und Kennwort kann man dieses Angebot von überall aus nutzen.
mediascript organisiert das Lernen für einen. Ein personalisierter und an den Lernfortschritt angepasster Stundenplan bietet eine bestmögliche Nutzung des Lehrangebots für jeden Tag.
Für viele Studiengänge gibt es ein solches Angebot noch nicht. Doch hier wäre meiner Erfahrung nach ein digital angereichertes Lehrbuch von Vorteil. Wir behandeln z.B. in unserem Studium der Buchwissenschaften die unterschiedlichsten Themenbereiche, wie Recht, Betriebswirtschaft, Geschichte, Leseforschung und digitales Publizieren, so dass eine Zusammenstellung der einzelnen Fachgebiete in einem E-Book wünschenswert ist.
Doch wie soll ein solches Enhanced E-Book als Lehrbuch für die Buchwissenschaft aussehen?
Ich möchte in Zukunft das Chaos auf meinem Schreibtisch vermeiden und effizient mit modernen Hilfsmitteln arbeiten. Dafür wünsche ich mir ein digitales Lehrbuch, das meinen Bedürfnissen entspricht und mir das Lernen vereinfacht.
Neben dem eigentlichen Lehranteil (Fachbücher, Fachjournale, Nachschlagewerke und aktuellen Studien und Forschungsberichten), muss dieses Lehrbuch mir Übungen verschiedenster Art anbieten. In einigen Bereichen, wie Typografie, Marketing oder Recht, brauche ich ein auf Karteikarten basierendes Abfragesystem, mit dem ich Fachbegriffe (Schusterjunge, Portfolioanalyse) und fachspezifische Informationen (Gesetze) durchgehen und auswendig lernen kann. Um mein erlerntes Wissen dann anschließend zu prüfen, bieten sich vor allem Multiple Choice Tests an. Neben reinen Wissensabfragen braucht man auch die Option des freien Schreibens. Ein großer Bestandteil meines Studiums ist es, in einzelnen Seminaren und Übungen Texte, wie Exzerpte, Essays, Thesenpapiere und Aufsätze, zu produzieren. Schreibanleitungen und Übungen zu den einzelnen Textsorten, sind deswegen sehr wichtig.
Bei der Gestaltung dieser Lehrbücher sollten Fachleute, wie ErziehungswissenschaftlerInnen und LehrerInnen, mit einbezogen werden, die etwas von Wissensvermittlung verstehen. Mit deren Hilfe können passende Lernstrategien und Übungsformen für den jeweiligen Kontext zielgerecht entwickelt und angeboten werden.
Ein enhanced eBook ist weit mehr als nur ein Buch
Neben inhaltlichen Dingen wünsche ich mir eine einfache Handhabung und einen guten Service. Ein einheitliches E-Book Format steht dabei an vorderster Stelle. Ich brauch ein digitales Lehrbuch, das ich auf jedem Gerät lesen und nutzen kann. Ich möchte morgens in der U-Bahn über mein Handy schnell einfache Übungen machen können, Nachmittags an einem Computer komplexe Inhalte bearbeiten und abends an meinem E-Reader noch die aktuellsten Medienberichte lesen. Des Weiteren brauche ich innerhalb des E-Books eine einfach und schnell auszuführende Suchfunktion und die Möglichkeit eigene, ausdruckbare Notizen erstellen zu können. Ein weiterer wichtiger Bestandteil für mich ist die Einbettung von Social Media. Der Austausch mit anderen Studierenden über die angebotenen Inhalte, aber auch die Möglichkeit Feedback und Korrekturen von Fachleuten und/oder Professorinnen und Professoren zu erhalten, ist für mein Lernen von großer Bedeutung.
DieNutzungsweisen eines digitalen Lehrbuchs: Texte lesen, Datenbanken besuchen, Lehrmaterial sichten und eigene Notizen machen.
Die Technik zur Umsetzung dieser Wünsche gibt es zum größten Teil schon und wird auch schon gemacht. Nur sind diese Produkte teilweise noch viel zu teuer, um für einen Studenten eine wirkliche Option zu sein. Für die Zukunft wäre es nun schön, wenn Verlage preiswerte Lehrbücher produzieren und die oben genannten Wünsche umsetzen würden, um mir und allen anderen Studierenden ein einfaches und erfolgreiches Lernen zu ermöglichen.
Anne Seifert hat einen Bachelor of Arts der “Buchwissenschaften” an der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen. Sie studiert aktuell Master of Arts, “Buch- und Medienforschung” an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ist erreichbar unter anne.seifert@campus.lmu.de.