Senioren und das Internet

Dass die Unterscheidung in “digital natives” und das alte Eisen nicht stimmig ist, darauf haben wir schon einmal hingewiesen. Es gibt zahlreiche, sehr unterschiedliche Plattformen, die zeigen, dass man auch im Alter dazulernen kann. Die Bandbreite reicht von staatlich geförderten Initiativen oder Stiftungen wie das “BSNF” oder die “Stiftung Digitale Chancen” über “Senioren & Internet“, “Feierabend” oder “Seniorentreff” bis zu Empfehlungsplattformen für Bücher wie “LernCafe“, die nicht explizit Senioren ansprechen, es aber doch tun.


Eine aktuelle Studie der AGOF hat gezeigt, dass “nur” oder “sogar” 40% der Personen über 60 in Deutschland das Internet nutzen. Sprich: Obwohl das Internet für ältere Menschen viele Vorteile bieten könnte, hinkt die Nutzung noch hinterher. Hierzu passen auch die Studien des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet, in denen deutlich wird, dass der Lernprozess langsam ist und vor allem ältere Menschen aufgrund der Verunsicherung noch keinen Zugang gefunden haben. Dass auch hier eine eindeutige Zuordnung von “Senioren=nutzen das Internet nicht” und “digital natives=machen alles online” nicht stimmt, zeigt allein ein Blick auf die Kommentare der “Zeit“, die zum Thema Senioren und Internet ihre Leser befragt hat.
Wir gehen davon aus, dass die Internetnutzung durch ältere Menschen zunehmen wird. Wie das in ein bis zwei Jahren dann in Deutschland aussehen kann, zeigt eine neuere Untersuchung des Pew Research Center über die Internetnutzung von älteren Menschen in den USA.

 

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Senioren nutzen das Internet immer häufiger, vor allem einkommensstärkere Haushalte (Quelle: Pew Research Center).

 

Wie zu erwarten fällt natürlich auch hier auf, dass einkommensstärkere Haushalte auch eine höhere Nutzung des Internets vorweisen. Das entspricht der altbekannten Tatsache, dass die Vielleser auch die sind, die eBooks nutzen.
Und natürlich sinkt die Nutzungsintensität mit dem Alter, wobei die Nutzung bis 80 relativ hoch ist: mehr als die Hälfte über 65 nutzt das Internet. Wenn es einmal zur Gewohnheit wurde, gibt es kein Halten mehr: 71% gehen dann täglich online, 84% zumindest einmal in der Woche. 56% fiele es sogar sehr schwer, auf das Internet zu verzichten.

Die Hauptgründe für die Internetnutzung sind, auch das wenig überraschend, die folgenden:

  • 75% wollen so einfacher mit ihrer Familie und den Freunden kommunizieren,
  • 58% wollen so einfacher einkaufen und
  • 53% suchen nach Informationen zum Thema Gesundheit.

Das heißt wiederum, dass sowohl der Zugang zu dieser Zielgruppe über soziale Netzwerke funktionieren kann, wie auch dass die Angebote rund um das Einkaufen und die Gesundheitsthemen einen Zugang ermöglichen.

In der Studie der agof wird deutlich, dass Senioren in Deutschland neben den Interessen für regionale Nachrichten und Testergebnisse, als Produkte vor allem Bücher in Deutschland wollen. Da diese Zielgruppe zu den Viellesern gehört, sollten sich Verlage auch Gedanken über einen Zugang zu ihnen machen.

 

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Die Studie der AGOF zur Internetnutzung in Deutschland zeigt, dass Bücher zu den wichtigsten Produkten für Senioren gehören (Quelle AFOF).

 

Dem folgend sollten sich alle, die Senioren, Silver Surfer oder Best Agers (wie auch immer man diese Kunden politisch korrekt ansprechen möchte) als Kunden ausmachen, um diese Themen bzw. diese Funktionen kümmern. Und dabei berücksichtigen, dass sich zwar viele gerne im Netz tummeln, aber zugleich eine möglichst einfache Führung durch die Angebote brauchen. Auch wenn sich die Nutzer in die neue Technologie eingearbeitet haben und sie nutzen, heißt das noch lange nicht, dass sie das Gefühl haben, diese zu beherrschen. Jeder weiß, dass er eigentlich dauernd dazulernen müsste. Und das verlangt nach einer einfachen, immer präsenten Unterstützung und Erläuterung von Änderungen.

 

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Senioren nutzen das Internet. Aber alle sind sich bewusst, dass die dauernden und vielen Änderungen dazu führen, dass man sich doch nie zur Ruhe setzen darf und immer Hilfe braucht (Quelle: Pew Research Center).

 

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.