Mobile Publishing: Update Juli 2014

Sommerloch in Digitalien? Weit gefehlt: Nein, nur weil sich die Bevölkerung in der Mehrheit am Badesee tummelt, gehen die Innovationen im mobilen Publizieren dennoch weiter. Und die großen Ökosysteme bereiten sich bereits jetzt auf einen heißen Herbst vor. Wir fassen wie jeden Monat die wichtigsten Trends und Tendenzen zusammen:

 

Das richtige Produkt entwickeln

Warum benutzt niemand meine App? Die Fast Company fasst in einem lesenswerten Beitrag kurz und prägnant einen Talk von der Google I/O zusammen, der sechs Gründe identifiziert, warum App-Projekte trotz perfektem Projektmanagement und sauberer Implementierung an die Wand fahren. Motto: “You perfectly executed the wrong plan”. Wir fühlen uns natürlich sehr an unser eigenes Modell zur Überprüfung von Geschäftsmodellen erinnert. Und nehmen es als Bestätigung, wenn ähnliche Gedanken an mehreren Stellen auftauchen. Wer mehr Zeit hat, schaut sich bei Youtube den kompletten Talk an – auch der ist ebenso sehenswert wie unterhaltsam:

 

“Perfectly executing the wrong plan” – warum App-Projekte im Markt scheitern. (Quelle/Copyright: developers.google.com / https://www.youtube.com/channel/UC_x5XG1OV2P6uZZ5FSM9Ttw)
 

 

So entwickelt sich der Markt

RIP, Sony Reader: Nachdem Sony sich Anfang diesen Jahres bereits aus dem Content-Geschäft zurückgezogen hat, folgt nun der Ausstieg aus der Produktion von eInk-Readern: Der Sony PRS-T3 wird kein Nachfolgemodell erhalten, der japanische Konzern verabschiedet sich damit faktisch komplett aus dem Reader-Geschäft an Endkunden. Eine Ära geht damit zu Ende – ob es die verbleibenden Konkurrenten damit einfacher oder schwerer haben werden? Wir sind gespannt.

Selfpublishing im Aufwind: Überrascht hat uns auch eine Analyse von Matthias Matting auf selfpublisherbibel.de: Wer bisher noch Zweifel daran hatte, welche Bedeutung Selfpublishing für den eBook-Markt hat, sollte sich unbedingt diese Auswertung der Amazon-Charts ansehen. Entsprechend kommt Hugh Howey für den US-Markt zu ähnlichen Ergebnissen. (Bei allen berechtigten Zweifeln und der Kritik daran, wie repräsentativ diese Auswertung für den Gesamtmarkt ist.)

 

Die Technologien zur Umsetzung

EPUB für alle: Für das eBook-Publishing gibt es mittlerweile vielfältige Werkzeuge und Tools – doch die meisten erfordern tiefergehendes Know-how über die Interna von EPUB und sind für Autoren und Gestalter schwer bedienbar. Zwei Firmen schicken sich an, dies zu ändern: Mit Liberio bringt ein Berliner Startup eine Webplattform auf den Markt, die eBook-Erzeugung auf Basis von Google Drive/Google Docs ermöglichen soll. Evernote integriert mit FastPencil einen Dienst, der die Konvertierung von Evernote-Notizbuch-Inhalten in EPUB realisiert. Beides halten wir für spannende Ansätze, die wir im Augen behalten werden.

 

Das ist die Zielgruppe

Digital Natives als Kunden: So sehr der Begriff bereits eine vielfach verhasste Verallgemeinerung ist, so klar ist es doch, dass die Generation der jetzt Aufwachsenden einen anderen Zugang zu Content und Software hat, mit dem man sich als Anbieter auseinandersetzen muss. Bei Kai Wels gibt es dazu das Transkript eines Vortrags vom Pub’n’pub Berlin zu lesen, das viele zentrale Trends gut zusammenfasst. Und das UX Magazine gibt wertvolle Einblicke in die Lebenswelt der Digital Natives sowie Ansätze, wie man Angebote für diese Zielgruppe gestalten sollte.

Wer noch tiefer in die Daten schauen will, findet hier auf Slideshare auch die Studie von User Intelligence Research, auf der der Artikel basiert:

 

Myth or fact? The skillful tech-savvy Digital Native from User Intelligence

 

So erreiche ich den Kunden

Der Boom der Abo-Modelle und Flatrates für eBooks: Eine der zentralen Nachrichten des Juli war ohne Zweifel die Ankündigung von “Kindle Unlimited”. Amazon bringt damit eine eBook-Flatrate für mehr als 600.000 Titel in sein Ökosystem. Und damit weitere Bewegung in einen Markt, in dem sich bereits einige Player tummeln. Und der Kauf von BookLamp wird auch gleich als Anzeichen dafür gewertet, dass Apple ein Abomodell für Bücher aufbaut. Während sich für den deutschen Markt sowohl Skoobe als auch readfy gut gerüstet für den Wettbewerb sehen, sieht t3n in Kindle Unlimited bereits den Todesstoß für den Rest der Branche – etwas voreilig, glauben wir. Hier ist noch zu vieles offen, als dass in diesem Bereich bereits das letzte Wort gesprochen wäre. Oyster zum Beispiel, schon länger mit einer eBook-Flatrate im Markt, dehnte kürzlich erst sein Angebot durch eine Web-App aus – Präsenz auf allen Geräten und in allen Ökosystemen damit inklusive. Und wer an tiefergehenden Analysen zu Abo-Modellen und Flatrates interessiert ist, findet bei der Book Industry Study Group eine aktuelle Studie zum Thema, sowie beim stets lesenswerten Mike Shatzkin einen ausführlichen Artikel dazu.

 

So rechnet sich das

Kommt Zeit, kommt Rat: Zeitungen haben es nicht leicht in der Transformation zum digitalen Business. Wie es trotzdem gehen kann, beschreibt The Atlantic in einem Artikel über die New York Times.

 

Sie wollen mehr wissen?

Das Mobile Publishing-Update bieten wir bei der Akademie des Deutschen Buchhandels auch als Seminar an – mit komprimiertem Expertenwissen zu allen Bereichen des mobilen Publizierens für Entscheider, Produktstrategen und Marketing-Experten. Infos & Anmeldung: hier bei der Buchakademie.

 

Veröffentlicht von

www.dpc-consulting.de

XML- und Digital-Publishing-Professional mit Leib & Seele, seit Berufseinstieg in verschiedensten Projekten rund um Content-Management und Datenbank-basiertes Publizieren unterwegs. Seit 2012 selbständig als Berater und Trainer für digitales Publizieren.