Die Digitalisierung stellt mehr Aufgaben als einem lieb ist. Manche kann man selber lösen, bei vielen braucht man Partner. Und man hätte gerne erprobte Strategien, auch wenn man insgeheim weiß, dass diese nichts bringen. Deshalb lohnt oft der Blick auf andere Bereiche der Branche. Denn in der digitalen Welt sind oft viele Dinge näher verwandt als in der analogen. Während die Branche das Thema Open Access diskutiert auf den Tagungen wie der APE-Konferenz,rüsten sich andere wie Springer Science und Holtzbrinck für Elefantenhochzeiten. Die Wissenschaftsbranche ist bezüglich der Digitalisierung schon weiter fortgeschritten als manch andere und deshalb lohnt der Blick auf deren Herausforderungen. Denn es lassen sich einige Parallelen erkennen.
Die Herausforderungen dürften allen vertraut sein – die Aufgaben vielleicht (noch) weniger:
Alles umsonst und überall für alle
Viele Institute und Politiker fordern aus Kostengründen, viele Wissenschaftler aus Gründen der besseren Forschung und Zusammenarbeit Open Access. Das führt zu vielen Leitlinien durch die jeweiligen Einrichtungen und Institute und dadurch zu noch mehr Uneinheitlichkeit. Denn auch die Creative Commens-Lizenzen lassen eine differenzierte Betrachtung zu, von einer völlig freien Verbreitung, die die Reichweite von Publikationen erhöht, bis zu einem Einbehalt an Rechten bezüglich der Bearbeitung und Monetarisierung durch andere. Und Verlage und Wissenschaftler und Urheberrechtler und Staaten sehen das jeweils immer anders.
Fakt ist, dass es den Verlagen gut gelungen ist, ihre Geschäftsmodelle aufrecht zu erhalten. Durch Volumenlizenzen konnten die Margen einigermaßen aufrecht erhalten werden. Die Frage ist, wie lange das noch geht und ob die Suche nach neuen Geschäftsmodellen auch hier nötig ist. Noch sorgen die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) international gesehen für einen überdurchschnittlichen Zuwachs. Und die SAMPC-Staaten (Südafrika, Mexiko, Pakistan, Chile) ziehen nach.
Sprich: alle müssen in neuen Geschäftsmodellen denken und sich überlegen, wie sie auf den Markt reagieren. Das ist überall gleich. Aber: Sobald Autoren erkennen, dass ihre Arbeit nicht ausreichend gewürdigt wird, kommen Verlage ins Spiel. Sie sichern die Wertschätzung und Anerkennung. Das gilt für alle Selfpublishing-Portale genau so wie für Open Access. Aus den bisherigen Erfahrungen lässt sich ableiten, dass Verlage ihre Bedeutung als Anwalt des Autors behalten werden.
[box]Das zieht sich als Aufgabe durch: Wie gelingt es mir, meine wichtigen Autoren besser als die Konkurrenz zu betreuen und mit ihnen zu verdienen?[/box]
Paywalls
Sie dienen dazu, das Geschäftsmodell aufrecht zu erhalten. Aber sie werden durchlässiger, weil der Austausch in der Community dagegen steht. Der Druck durch diese ist so groß, dass man aufbrechen muss. So zitiert Michael Cairns die Beispiele von nature und atlas research bei Elsevier. Die Diskussion um Paywalls wird auch in den Zeitschriftenverlagen kontrovers diskutiert, unlängst wieder durch Hubert Burda kritisch betrachtet. Denn im Publikumsbereich tun sich alle schwer, die nicht gleich auf ein Google-Modell setzen (Werbeeinnahmen und Transaktionsgeschäfte) statt auf den Verkauf von Content. Hier lässt sich erkennen, dass alle, die im B2B-Bereich unterwegs sind, deutlich weniger Probleme haben und das wird sich auch weiter verstärken.
[box]Die Aufgabe lautet, die Kunden zu identifizieren und zu binden, die zahlen wollen und können.[/box]
Start-Ups
Es gibt in der Szene viele gute Start-Ups, die dann auch bald von den großen Häusern gekauft werden. Und diese bereichern die Landschaft, bieten viele Neuerungen und gute Lösungen. Aber sie haben alle nicht das Zeug zum neuen Ökosystem, das der Branche ein paar Standards verschaffen würde. Cairns zitiert Mendeley als Beispiel für die Wissenschaftsbranche, man könnte beispielhaft iversity in Deutschland aufführen.
Fakt ist, dass es zwar immer wieder beklagt wird, dass es keine Standards mehr gibt, aber zugleich die Freude groß ist, dass es keinen einen Big Brother gibt. Auch das gilt über alle Branchen. Ob Amazon oder Google, Apple oder Facebook – die Diskussionen erinnern stark an die Kritik an Microsoft im letzten Jahrhundert.
[box]Die Aufgabe lautet, die “kleinen” Innovationen zu fördern und für sich zu nutzen.[/box]
Bibliotheken werden zu Verlagen
Auch Bibliotheken müssen ihre Wertschöpfung überdenken. Manche werden zu Verlegern, indem sie die Publikationen selbst herausbringen. Andere setzen ihren Schwerpunkt auf die gute Vernetzung vor Ort, wieder andere auf ihr technologisches Know-how in der Klassifizierung und Auffindbarkeit von Inhalten. Und manchen gelingt es sogar, sich selbst als Labore der Digitalisierung zu inszenieren.
Hier finden sich Parallelen bei Stadtbibliotheken, die zusammen mit Verlagen ihre Kunden direkter und besser bedienen können, wenn sie soziale Netzwerke mit nutzen. Die richtigen Empfehlungen für die jeweils hinterlegten Kundenprofile dürften hier von Bedeutung sein. Ein gutes Empfehlungsmarketing für bekannte (Abo-)kunden ließe sich z.B. gemeinsam entwickeln.
[box]Die Aufgabe lautet, mit Partnern zusammenzuarbeiten, die in manchen Punkten technologisch schon Lösungen und Schnittstelle bieten.[/box]