Guter Journalismus bedient sich heute natürlich der vielen digitalen Quellen. Der Newsroom gehört mittlerweile zum Standard in den Redaktionen und zahlreiche Startups wie Storytile entwickeln interessante Tools zur besseren Recherche und Dokumentation. Der Digitaljournalismus entwickelt sich und Auguren wie Mathias Müller von Blumencron sehen die Branche wieder im Aufwind: neue Formate, schneller und besser – und vor allem besser im direkten Kontakt zum Kunden – das sind die Aufgaben der klassischen Zeitungen. Denn die Konkurrenz heißt cognitive computing und fordert den Journalismus heraus, sich auf das zu besinnen, was ihn ausmacht. Wenn Software genauso schöne und treffende und gute Texte schreiben kann wie ein Journalist – wozu dann überhaupt noch Hand anlegen?
Dass es manchmal lohnt, über den Tellerrand zu schauen, belegt ein interessantes Beispiel für guten Datenjournalismus aus Mexiko:
Gerade in Ländern mit schwierigen politischen Konstellationen entwickeln sich digitale Angebote oft klar und deutlich. Auf die spannende Dokumentation des Drogenkriegs in Mexiko hat Columbia Journalism Review zu Recht verwiesen. Animal politico ist eine erfolgreiche, stark wachsende Gründung von mehreren Journalisten, die vor allem auf die virale Wirkung ihrer politischen Nachrichten setzen. Dazu liefern sie exklusive Berichte, die mit Analysen und Hintergründen gespickt sind.
Die Plattform narcodata ist hierfür das beste Beispiel. Investigativer Journalismus heißt, dass man bei einem Thema auch am Ball bleibt, seine Quellen offen legt und aktuelle Entwicklungen in einen Kontext setzt. Das setzt voraus, dass man eben nicht nur eine Serie von Artikeln produziert, sondern eine Plattform als Gerüst entwickelt, auf der jede neuere Entwicklung kommentiert und in bisherige Zusammenhänge gestellt werden kann. Deshalb findet der Nutzer auf der Plattform interaktive Infografiken, Hintergrundberichte und die Informationsquellen für die Recherchen werden an einer Stelle abgelegt und transparent für alle zum Download angeboten.
Andere Beispiele aus Lateinamerika finden sich auf Plattformen wie quiencompro oder poderopedia, die die Vernetzungen von Politikern, Organisationen und Firmen durch interaktive Schaubilder sichtbar machen oder den Fluss von öffentlichen Geldern transparent darstellen. Der klassische Journalismus ist gezwungen, jeden Tag eine neue Geschichte zu erzählen. Das macht ihn angreifbar, weil die gestrige Auflage am Kiosk kein Beleg mehr ist für den Artikel von morgen. Zu einzelnen Artikeln bietet sich die Themenplattform als zusätzliche Darstellungsform an, um Aktualität, profunde Analyse und gehaltvolle Kommentierung zu belegen.
Aber auch in den USA gibt es gute Beispiele, so wie die Reportage über die Opfer der Nuklearforschung. Rob Hotakainen, Lindsay Wise, Frank Matt und Samantha Ehlinge haben lange recherchiert, um eine auch grafisch eindrucksvolle Darstellung mit Hintergründen zu erstellen:
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