Wie aus Daten guter Journalismus wird

Guter Journalismus bedient sich heute natürlich der vielen digitalen Quellen. Der Newsroom gehört mittlerweile zum Standard in den Redaktionen und zahlreiche Startups wie Storytile entwickeln interessante Tools zur besseren Recherche und Dokumentation. Der Digitaljournalismus entwickelt sich und Auguren wie Mathias Müller von Blumencron sehen die Branche wieder im Aufwind: neue Formate, schneller und besser – und vor allem besser im direkten Kontakt zum Kunden – das sind die Aufgaben der klassischen Zeitungen. Denn die Konkurrenz heißt cognitive computing und fordert den Journalismus heraus, sich auf das zu besinnen, was ihn ausmacht. Wenn Software genauso schöne und treffende und gute Texte schreiben kann wie ein Journalist – wozu dann überhaupt noch Hand anlegen?

Dass es manchmal lohnt, über den Tellerrand zu schauen, belegt ein interessantes Beispiel für guten Datenjournalismus aus Mexiko:

 

Narcodata ist eine Plattform zum Thema Drogenkartelle in Mexiko. Sie vereint mehrere Informationsquellen. Eine interaktive Infografik verdeutlicht die Zusammenhänge und Entwicklung der Drogenkartelle in Mexiko seit 1976. Die Namen der Kartelle, die Amtszeiten der Präsidenten und die betroffenen Regionen können zusammen auf einen Blick erfasst werden.

Narcodata ist eine Plattform zum Thema Drogenkartelle in Mexiko. Sie vereint mehrere Informationsquellen. Eine interaktive Infografik verdeutlicht die Zusammenhänge und Entwicklung der Drogenkartelle in Mexiko seit 1976. Die Namen der Kartelle, die Amtszeiten der Präsidenten und die betroffenen Regionen können zusammen auf einen Blick erfasst werden.

 

Gerade in Ländern mit schwierigen politischen Konstellationen entwickeln sich digitale Angebote oft klar und deutlich. Auf die spannende Dokumentation des Drogenkriegs in Mexiko hat Columbia Journalism Review zu Recht verwiesen. Animal politico ist eine erfolgreiche, stark wachsende Gründung von mehreren Journalisten, die vor allem auf die virale Wirkung ihrer politischen Nachrichten setzen. Dazu liefern sie exklusive Berichte, die mit Analysen und Hintergründen gespickt sind.

 

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Die Plattform narcodata fürchtet sich nicht vor Papier. Übersichten wie diese über die Entwicklung der Drogenkartelle im Laufe der verschiedenen Regierungen werden auch als Poster zur Verfügung gestellt, um auch in möglichst vielen Büros und Schulen an das Thema zu erinnern (Quelle: narcodata).

 

Die Plattform narcodata ist hierfür das beste Beispiel. Investigativer Journalismus heißt, dass man bei einem Thema auch am Ball bleibt, seine Quellen offen legt und aktuelle Entwicklungen in einen Kontext setzt. Das setzt voraus, dass man eben nicht nur eine Serie von Artikeln produziert, sondern eine Plattform als Gerüst entwickelt, auf der jede neuere Entwicklung kommentiert und in bisherige Zusammenhänge gestellt werden kann. Deshalb findet der Nutzer auf der Plattform interaktive Infografiken, Hintergrundberichte und die Informationsquellen für die Recherchen werden an einer Stelle abgelegt und transparent für alle zum Download angeboten.

 

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Unter der Rubrik Metodología findet der Nutzer die Quellen zum Download. Hier erkennt man die Transformation von schlichten, von der Regierung zur Verfügung gestellten Übersichten und interaktiven, aktualisierbaren Grafiken. Durch die Transparenz der Quellen, die Einbeziehung von Experten und die Verfügbarkeit für andere Journalisten erhält die Plattform mehr Glaubwürdigkeit und Akzeptanz.

 

Andere Beispiele aus Lateinamerika finden sich auf Plattformen wie quiencompro oder poderopedia, die die Vernetzungen von Politikern, Organisationen und Firmen durch interaktive Schaubilder sichtbar machen oder den Fluss von öffentlichen Geldern transparent darstellen. Der klassische Journalismus ist gezwungen, jeden Tag eine neue Geschichte zu erzählen. Das macht ihn angreifbar, weil die gestrige Auflage am Kiosk kein Beleg mehr ist für den Artikel von morgen. Zu einzelnen Artikeln bietet sich die Themenplattform als zusätzliche Darstellungsform an, um Aktualität, profunde Analyse und gehaltvolle Kommentierung zu belegen.

Aber auch in den USA gibt es gute Beispiele, so wie die Reportage über die Opfer der Nuklearforschung. Rob Hotakainen, Lindsay Wise, Frank Matt und Samantha Ehlinge haben lange recherchiert, um eine auch grafisch eindrucksvolle Darstellung mit Hintergründen zu erstellen:

 

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Ein eindrucksvolles Beispiel für eine gute Visualisierung bietet die Reportage von McClatchyDC über die Auswirkungen der Nuklearforschung in den USA. 33.480 Angestellte starben an den Folgen. Jeder von ihnen wird hier aufgeführt und aus den langen Listen an Daten, die die Journalisten von den Behörden erhalten hatten, haben sie diese Aufstellung gemacht: Eine Geschichte hinter jedem der Opfer, damit sie sichtbar werden. Hintergrundartikel mit Links zeigen, was investigativer Journalismus sein kann.

 

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.