Blockchain – wo und wie die Medien davon profitieren können

Im Rahmen von CONTENTshift hatten wir vor der Buchmesse letztes Jahr auf das Start-up SatoshiPay hingewiesen. Hier spielt schon das Thema eine große Rolle, das jetzt in aller Munde ist: Blockchain. Es geht womöglich um die nächste Revolution, weil der „middleman“ einmal mehr abgelöst werden kann. Jeder, der als Makler oder Notar, als verlässliche Institution fungierte, die Sicherheiten gewährt und bei Streitigkeiten als Anlaufstelle funktioniert, kann theoretisch ersetzt werden. Das betrifft natürlich auch Verlage. Die Technologie befindet sich laut Gartners Hype Cycle kurz vor dem Höhepunkt – und jetzt wird es darum gehen, in der Umsetzung die Spreu vom Weizen zu trennen. Denn bei aller Technologie: Das Vertrauen in eine Bank, einen Verlag, einen Autor, das gewinnt man nur durch Personen und einem aufwändigen Markenaufbau.

Das Prinzip ist einfach: Es gibt viel mehr Rechner als bisher und diese sind vernetzt. Wenn jeder ein wenig von seiner Rechenleistung zur Verfügung stellt und es dann ein pfiffiges Verschlüsselungssystem dazu gibt (Erfinder ist Satoshi), dann können Daten besser vor Fälschungen gesichert werden als bisher. Denn eine Bank kann leichter ausgeraubt werden oder bankrott gehen. Das nächste Eldorado öffnet gerade seine Pforten und wartet auf disruptive Geschäftsmodelle.

Auf den ersten Blick sind es die folgenden Themenblöcke, die durch die Blockchain-Technologie profitieren dürften, wie Tom Cox hervorhebt, einem der Urheber der “Blockchain for Books”:

  • Copyright, da eine eindeutige Identifizierung der Autorschaft ohne Notar nötig ist.
  • Damit einher geht eine andere Vertragsordnung, die keine Verlage benötigt, um das zu beurkunden und nachzuhalten.
  • Als Folge könnte sich ein Micropayment durchsetzen, das dem Autor Einnahmen über viele Kanäle ermöglicht, weil die Transaktionskosten deutlich sinken werden.
  • Die direkte Distribution von Autor zu Leser kann durch einen günstigen und einfachen Schutz der Privatsphäre und des Verfolgens von Piraterie erleichtert werden.

Auf der Metaebene ist das Projekt “content blockchain” angesiedelt, das für die Medienindustrie die Basisarbeit schaffen will. Die drei wesentlichen Aufgabengebiete werden in der eindeutigen Identifizierung der Urheberschaft gesehen, der einfachen Lizensierung von Content im Netz ohne hohe Transaktionskosten sowie der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auf der Basis einfacher Vertragsgestaltungen.

Satoshi Pay bietet Verlagen und allen anderen Webpublizisten die Abrechnung von Kleinbeträgen an. Durch die einfache Einbettung in WordPress können auch kleinteilige Publikationen so abgerechnet werden, dass sich der Aufwand insgesamt noch rechnet. Das könnte vor allem dann interessant sein, wenn man Märkte testen will.

Blockchain erleichtert die einmalige Identifizierung von Inhalten an einer Stelle. Man muss nicht zum Notar oder Patentamt gehen, um nachweisen zu können, dass man der Urheber ist. Will man seine Texte oder auch Codes dann weltweit auch vermarkten, so lassen sich mit Satoshi Pay die klassischen Kosten für die Installation und das Handling drastisch senken.

Für Verleger gibt es die Möglichkeit, gemeinsam an einem Text zu arbeiten, der Bibel zum Beispiel.

Die Bibel eignet sich natürlich hervorragend als Muster für die Blockchain. Jeder soll Zugang haben, die Urheberschaft ist eindeutig nachweisbar und der Bezug der Teilnehmer aufeinander jederzeit möglich. Wenn man so will, ist damit das Postulat einer einheitlichen Kirche abgelöst durch das einer dezentralen Verteilung. Es gibt kein Zentrum mehr in Rom, sondern jeder Verkünder der Botschaft ist autark und bevollmächtigt. Befremdlich sicherlich der missionarische Eifer und die Annahme ewiger Verdammnis, wer nicht durch den rechten Glauben befreit wird. Hier kollidieren die Vorstellung einer klaren Weltordnung und eine sich allen öffnen wollende Technologie.

In der Blockchain soll es vielen in der Welt möglich sein, gemeinsam an einem Text zu arbeiten und diesen in verschiedensten Sprachen und Versionen zu editieren. Anders als bisher gibt es keine zentrale Stelle zur Prüfung, sondern lediglich einen Nachweis der Identität der jeweiligen Publizisten und der Version ihres Textes.

Die Textproduzenten und Übersetzer speichern ihre Inhalte in der Blockchain und die Verleger können darauf zugreifen, um wiederum so viele Leser wie möglich zu erreichen. Es gibt keine zentrale Bank für den Text.

Aber auch gegen Piraterie sollen Lösungen wie die von erudition dienen.

Piraterie wird durch die Bitcoin-Technologie nicht vermieden, aber das Aufspüren soll leichter werden. denn durch unsichtbare Wasserzeichen können die Titel markiert und dann beim Verkauf wieder aufgespürt werden. Die Verfolgung der Täter ist dadurch einfacher, auch weil die versteckten Bitcoins einen Reiz für Schatzsuchende darstellt. Der Pirat wird selber zum Gejagten, sein Raub verrät ihn und lockt andere, legale Piraten an.

 

P.S. Einen guten und originellen Einstieg in die Technologie bietet die Webseite von Golmann Sachs zum Thema.

Die Seite von Goldmann Sachs erklärt die Technologie verständlich und will den Betrachter in ihrer dunklen Anmutung wie in ein Science Fiction-Abenteuer hineinziehen.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.