Crowdfunding – wirklich so einfach?

Wie beim Thema Selfpublishing geht es beim Crowdfunding auch um die Frage, ob künftig noch Verlage gebraucht werden oder nicht. Denn der Autor hat von der Produktion über die Distribution und Vermarktung bis hin zur Finanzierung alles selbst in der Hand. Doch so wie beim Selfpublishing der Autor alle Herausforderungen eines klassischen Verlags meistern muss, so fordert Crowdfunding viel Wissen rund um das Thema Finanzierung und Marketing. Es geht nicht von allein. Deshalb lohnt es sich, neben die ganzen Heldengeschichten auch ein paar Werkstattberichte zu stellen, die von dem Aufwand sprechen, der Crowdfunding mit sich bringt. Unser Beispiel heute ist der Horncastle Verlag.

Dort widmet man sich seit über acht Jahren der Bildungsvermittlung: es geht um Kunst, Musik und Theater. Gemeinsam mit Museen, Theatern und Orchestern realisiert Horncastle Bildungs-Workshops mit Kindern und Jugendlichen. Das neue Projekt wurde bewusst als Crowdfunding-Projekt aufgezogen, um neue Wege der Finanzierung auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln. Wir sprachen mit der Verlegerin, Mona Horncastle:

Ist das Projekt anders als die bisherigen Projekte?

Mona Horncastle: Unsere Projekte haben Laufzeiten zwischen 3 Monaten und 2 Jahren – plus viele Monate Vorarbeit um Teams zusammenzustellen, Themen- und Ablaufpläne zu erarbeiten und die nötigen finanziellen Mittel zu generieren. Vor allem Letzteres ist zeit- und arbeitsintensiv, denn die erforderlichen Summen liegen zwischen 15 und 35T Euro.  Viel Geld, das fast nie von nur einer Stiftung, einem Unternehmen oder einem Sponsor aufgebracht werden kann – geschweige denn von den kooperierenden Institutionen, deren Bedarf das zur Verfügung stehende Budget weit übersteigt. Deshalb ist das Thema Finanzierung immer eigens zu lösen. Und Crowdfunding scheint uns hierbei eine interessante, weitere Alternative zu sein.

 

Startnext-Projektansicht

Das Projekt “Wie kommt die Note ins Konzert?” bei startnext

 

Worum geht es in dem Projekt, das bei startnext beworben wird?

Mona Horncastle: Bei unserem aktuellen Projekt WIE KOMMT DIE NOTE INS KONZERT? mit den Münchner Philharmonikern haben wir den Versuch gestartet, unsere Finanzierungslücke mit Crowdfunding zu schließen. Wir konnten auf das Wissen und die Erfahrung von Kollegen mit dieser Form der Finanzierung zurückgreifen, die uns wertvolle Tipps geben konnten. Ein weiteres Plus waren die vielen Ebenen des Projekts, das 10 Monate dauert und um die Aufnahme, Publikation und Aufführung des Musikstücks „Die Waldmaus“ kreist:

Unser Team besteht aus Musikern, einem Komponisten, einer Illustratorin und dem Education-Programm Spielfeld Klassik. Die Workshops beinhalten den Blick hinter die Kulissen eines Orchesters. Es gibt Einheiten zu den Themen Komposition und Illustration. Die teilnehmenden Schüler werden journalistisch geschult. Mit all diesen Facetten konnten wir ein großartiges Paket an Dankeschöns für Unterstützer schnüren: Original-Illustrationen, Buch mit CD, Konzertkarten, Probenbesuche, Workshop-Teilnahme, und vieles mehr.

Also haben wir drei Wochen intensiv an der Darstellung gearbeitet und sind am 6. Februar auf startnext gestartet. Nach 29 Stunden hatten wir die erforderlichen 100 Fans. Großartig!

 

Startnext-Projektansicht

Typische Elemente eines Crowdfunding-Projektes: Das Pitch-Video und die Unterstützungs-Kategorien mit verschiedenen Belohnungen je nach Summe.

 

Seit Phase zwei, der Finanzierungsphase, sind wir auf verschiedenen Ebenen dabei, dem Projekt Aufmerksamkeit zu verschaffen: Zum einen haben wir unsere Verteiler durch persönliche E-Mails und ein Newsletter informiert. Wir posten auf Facebook und wir Twittern. Vor allem bei Twitter zeigt sich, wie wichtig es ist, andere Menschen mit vielen „Followers“ zu begeistern, so dass sie als Multiplikatoren die Reichweite erhöhen. Mindestens ebenso wichtig ist es, auf den einschlägigen Pages der Interessensgruppen aktiv zu werden. In unserem Fall sind das natürlich Musikfans, aber auch Lehrer und Musikpädagogen. Ganz klassisch werden wir nun auch auf analoger Ebene aktiv, indem wir mit Journalisten der Printmedien sprechen – in unserem Fall sind hier hauptsächlich die regionalen Tageszeitungen wichtig, da deren Interesse an Bildungsaktionen im Raum München am größten ist.

Welche Erkenntnisse lassen sich aus dem bisherigen Projektverlauf ziehen?

Mona Horncastle: Ein detaillierter Kommunikationsplan ist unerlässlich. Wann kontaktiere ich wen auf welcher Ebene mit welchen Informationen?  Man darf sein Pulver nicht gleich zu Anfang verschießen, sondern sollte in der Startphase ein paar Informationen zurückhalten, um immer wieder über etwas Neues berichten zu können. Ganz besonders die Crowd, Facebook und Twitter sind schnell gelangweilt oder sogar genervt, wenn Statusberichten über das Projekt zu einer Art Spam werden. Ein ganz spezielles Dankeschön nicht ganz zu Anfang anzubieten, kann für Aufmerksamkeit sorgen, wenn die erste Welle des Interesses abebbt. Wir werden immer wieder Filme und Erfahrungsberichte aus den Workshops veröffentlichen – also Inhalte freigeben und damit Einblick in unsere tatsächliche Projektarbeit geben. So erhöhen wir die Identifikation unserer Fans mit dem Projekt und wir bleiben spannend.

Ein Zwischenfazit nach nun insgesamt 5 Wochen intensiver Arbeit am Auftritt und der Verbreitung des Projekts, und weiteren 50 Tagen, die noch vor uns liegen? Crowdfunding ist sehr arbeitsintensiv. Die Crowd ist nicht automatisch begeistert, auch sie will gewonnen werden. Ein großer Verteiler (in unserem Fall immerhin 25T Kontakte) ist keine Garantie für Erfolg.  Dass Projekte mit einer hohen Affinität zum Internet überzeugen ist klar. Daneben sehen wir auch noch eine Reihe von allgemein gehaltenen Projekten mit einfachem Zuschnitt. Wo und wie wir genau unsere Zielgruppe auch über das Netz erreichen, das haben wir noch nicht herausgefunden.

Unsere Zielgruppen sind alle mit einem Interesse für Bildung und Musik. Eigentlich sehr viele, aber nicht so einfach zu mobilisieren.

Aber: hier liegt auch die große Chance für uns, die Bedürfnisse unserer Zielgruppe besser kennenzulernen und unsere Arbeit aus völlig neuen Blickwinkeln zu betrachten. Allein die Recherchen, das dauernde Aufsuchen der Kunden im Netz bildet. Daraus ist für uns persönlich ein „stretch goal“ erwachsen und die Lernkurve ist steil. Das macht Spaß, es ist spannend und auch wenn dieser erste Versuch nicht die nötige Summe einspielen sollte, werden wir garantiert auch weiterhin auf Crowdfunding setzen. Die nächsten Projekte stehen schon an.

 

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.