Über Crowdfunding zu innovativen App-Projekten – das Beispiel “Meta Morfoß”

Crowdfunding boomt mittlerweile auch in Deutschland. Wie wir bereits in unserem letzten Beitrag zum Thema beschrieben haben, mehren sich erfolgreiche Projekte. So z.B. aktuell das Buch “Das neue Spiel” von Michael Seemann, das über 20 T€ einsammeln konnte, oder auch die Finanzierungsrunde des eBook-Startups readfy. Wir möchten dies zum Anlass nehmen, einige weitere schöne Projekte vorzustellen, die in diesen Wochen ihr Funding beginnen. Ein Kinder-App-Projekt der ganz besonderen Art will Daktylos Media  mit “Meta Morfoß” realisieren:

Das junge Unternehmen aus Dresden erfindet neue Formate für Buch-Apps: Die “Lesequest” ist eine Mischung aus E-Book und interaktivem Suchspiel. Die Leserin oder der Leser animieren die Illustrationen, indem sie die Schlüsselwörter auf jeder Seite der Erzählung finden und antippen. So sollen die Animationen nicht vom Lesen ablenken, sondern dazu motivieren. Das erste Projekt dieser Art soll eine App-Version des Kinderbuchs Meta Morfoß von Peter Hacks werden – das Crowdfunding dazu hat gerade auf Startnext begonnen.

Wir haben uns mit Anna Burck und Nikolay Barabanov von Daktylos Media über ihren Ansatz unterhalten:

Ihr seid ein junges Unternehmen im Bereich Kindermedien. Was hat euch zu eurer Beschäftigung mit diesem Thema gebracht?

Anna: Wir beobachten, wie unsere Kinder auf Computer, Smartphones und Tablets “abfahren”. Wir haben überlegt, wie wir diesen Spaß an der Technik mit dem Lesen als elementarer Kulturtechnik verbinden können. Deswegen haben wir einen Verlag für interaktive Kinderbücher gegründet.

Nick: Die neuen Technologien selbst haben keinen Inhalt in dem Sinne, dass sie gut oder schlecht sind, sie sind einfach ein Instrument. Wir möchten die Möglichkeiten dieses neuen Instruments für den kulturellen Bereich nutzen.

Interaktive Kindermedien sind ja ein Boom-Thema, seitdem iPads und andere Tablets die deutschen Wohnzimmer erobern. Wo seht ihr die Nische für eure Produkte? Was ist das besondere an eurer Idee der „Lesequests“ als neues App-Format?

Anna: Wir haben in den App Stores nach guten Buch-Apps gesucht und uns fiel auf, dass es da im Vergleich zum Spieleangebot sehr wenig Angebote gibt. Viele Apps, die sich “Buch” nennen, sind eher Spiele, das Lesen tritt in den Hintergrund. Schöne enhanced E-Books für Kinder, vor allem Bilderbücher mit animierten Illustrationen, gibt es natürlich inzwischen viele, aber oft sprechen sie eher jüngere Kinder an, denen man vorliest. Mit unserem Ansatz wollen wir etwas bieten für Kinder im Lesealter, das gute Literatur mit originellen Illustrationen und tollem Design verbindet und auf Mehrsprachigkeit ausgelegt ist.

Nick: Unter den digitalen Büchern gibt es zum einen E-Books in Verbindung mit den Lesegeräten, und zum anderen Buch-Apps für Tablets. Im ersten Fall bietet der Markt Lektüre, aber technologisch gesehen ist es der Schritt von den Tontafeln zum Papyrus. Im zweiten Fall bietet der Markt Spiele – das ist so, als ob man aus Goethes gesammelten Werken Origami faltet. In den Lesequests, wie wir unser App-Format nennen, gibt es keine Spiele, kein Puzzle, nichts zum Ausmalen. Das Besondere ist, dass die Bilder erst über das Lesen, über die Interaktion mit Schlüsselwörtern, animiert werden. Man sucht im Text diese Schlüsselwörter, die zur Ausgangsszene auf der Illustration passen, und wenn man sie antippt, passiert im Bild etwas. Erst wenn man eine Seite aufmerksam gelesen und alle Schlüsselwörter gefunden hat, geht es in der Geschichte weiter.

 

Der erste Prototyp der Meta Morfoß-App und die Lesequest-Funktionen

 

Eure jüngste App wollt ihr als Crowdfunding-Projekt realisieren. Warum habt ihr euch dafür entschieden? Worin seht ihr die Vorteile gegenüber anderen Finanzierungsformen?

Anna: Es ist unser erstes Projekt, für das wir auch versuchen auf die klassische Art einen Bankkredit zu bekommen, aber die Aussichten darauf sind begrenzt. Crowdfunding erscheint uns da als ideale Finanzierungsmöglichkeit. Die Risiken gehen hier für alle Beteiligten gegen Null und man ist unabhängig von Kreditgebern und frei von den daran geknüpften Bedingungen.

Nick: Crowdfunding erscheint uns daneben als optimaler Weg, Menschen zu erreichen, die wie wir das Lesen lieben und in den neuen Technologien eine Bereicherung für das Leben sehen, und für die, für die Solidarität ein fruchtbares Beziehungsmodell ist.

 

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Ins Lesen vertieft. Ob auf Papier oder auf Tablet.

 

Bei Kindermedien für Tablets und Smartphones gibt es genauso die Skeptiker wie die Befürworter, was didaktischen Wert und kindgerechte Mediennutzung angeht. Was würdet Ihr skeptischen Eltern gerne mit auf den Weg geben?

Anna: Skepsis in unserer konsumorientierten Welt ist nicht schlecht. Man sollte sich aber beim Umgang mit Medien nicht von seinen Ängsten leiten lassen, sondern von seinem Vertrauen zu sich und seinem Kind. Man sollte Inhalte, egal welcher Medien, zusammen auswählen und darüber sprechen. Wenn man die Mediennutzung bewusst in den Alltag mit einplant wie andere Dinge auch, sollten irrationale Ängste verschwinden. Und schön ist natürlich, wenn Eltern mit ihren Kindern zusammen Filme schauen, Apps ausprobieren, sich gegenseitig vorlesen. In unserem Daktylos Media Blog rezensieren wir ja auch Kinderbücher und gute Buch-Apps, da können skeptische Eltern reinschauen und sich Anregungen holen.

Nick: Wir möchten wie alle Eltern, dass unsere Kinder gesund und glücklich aufwachsen. Und nur das sollte das Kriterium für die Bewertung von etwas als “nützlich” oder “schädlich” sein. Wenn man die neuen Technologien für die Entwicklung der Kinder nicht nutzt, nimmt man ihnen einen Teil der Möglichkeit, die unbegrenzte Vielfalt unserer Welt zu erfahren.

 

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Kinder-Apps im iTunes App-Store: Viel Gaming, wenig zu lesen.

 

Mobile Apps sind wohl einer der dynamischsten und innovativsten Bereiche in der aktuellen Medienentwicklung. Wo sehr ihr wichtige Trends, die für euer Thema von Bedeutung sind?

Anna: Beim momentanen Stand der Basistechnologien können wir unsere Ideen mit nativen Apps am besten umsetzen. Ich bin aber sehr gespannt auf die Tigercreate Software, die in diesem Frühjahr herauskommen soll. Daneben sehen wir für die Zukunft auch großes Potential im systematischen Einsatz von Tablets im Schulalltag, aber ganz viel hängt natürlich auch von der Bildungspolitik ab.

Nick: Das Wichtigste ist die Verbreitung und die Erschwinglichkeit der Tablets als Basis für eine breite Verfügbarkeit. Dann ist wichtig, dass die mobilen Netze der neuen Generation kommen, die es möglich machen, bequem große Datenmengen zu übertragen. Gerade Deutschland ist hier noch Entwicklungsland.

Daneben beobachten wir mit Interesse die Versuche und die ersten Ergebnisse, faire Technologieprodukte zu entwickeln, zum Beispiel das Fairphone-Projekt, oder neue Finanzierungsmodelle für Content-Produktion zu schaffen.Wir denken für unsere Produkte darüber nach, einen Mechanismus zu entwickeln, mit dem ein App auch “second hand” genutzt werden kann, dass es also von den Nutzer*innen nach Gebrauch weiterverkauft werden kann.

 


 

daktylos_anna-burck_200Anna Burck
ist bei Daktylos Media zuständig für Programmleitung und Redaktion, Marketing und Pressearbeit, Rechte und Lizenzen. Während ihres Studiums der Neueren deutschen Literatur und Russistik in Berlin und Moskau hat sie in Verlagen mitgearbeitet. Danach leitete sie in der internationalen Kulturarbeit Projekte im Bereich Online-Redaktion und Internetmarketing. Zurzeit arbeitet sie freiberuflich als Redakteurin, Autorin und Übersetzerin.
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Nikolay Barabanov
ist bei Daktylos Media zuständig für Projektmanagement, technische Koordination, Teamleitung und Vertrieb. Nikolay hat in St. Petersburg Architektur studiert und viele Jahre als Architekt und als Direktor für Projektmanagement in einem bekannten Moskauer Architekturbüro gearbeitet.

 

 

 

 

Veröffentlicht von

www.dpc-consulting.de

XML- und Digital-Publishing-Professional mit Leib & Seele, seit Berufseinstieg in verschiedensten Projekten rund um Content-Management und Datenbank-basiertes Publizieren unterwegs. Seit 2012 selbständig als Berater und Trainer für digitales Publizieren.