Mobile Publishing: Update Februar 2014

Obwohl das Jahr erst zwei Monate alt ist, haben die großen Technologie-Konzerne und mobilen Ökosysteme bereits mächtig vorgelegt: In diesen Tagen jagt eine Innovation die andere. Neben einem Überblick über die Aktivitäten der big player berichten wir im mobile publishing-Update Februar 2014 über Facebook Paper, den Forssmann-Rant und die Folgen, sowie über aktuelle Zahlen aus dem Mobilmarkt:

 

Das richtige Produkt entwickeln

Als übergreifendes Thema für die Produktentwickungen spielen die aktuellen Trends im Mobile-Bereich naturgemäß eine zentrale Rolle. Eine Infografik bei mobilbranche.de zeigt die wichtigsten Trends für 2014: Mobile Payment und Mobile Commerce stehen hier im Vordergrund und treiben die Entwicklung der Branche voran.

 

So entwickelt sich der Markt

Während die eReader-Verkäufe in den USA und anderen Märkten stagnieren, ist das Tablet weltweit auf dem Vormarsch: Eine aktuelle Bitkom-Studie zeigt, dass bereits jeder vierte Deutsche ein Tablet benutzt. Nach einer Studie von Gartner hat dabei Android mittlerweile iOS klar überholt, was die weltweiten Gesamtverkäufe angeht. Wir sind gespannt, wann diese Dominanz von Google im Hardware-Bereich auch dazu führen wird, dass die App- und Content-Plattformen für Android relevanter für Anbieter von Inhalten werden. Denn nicht nur für den Privatkunden, auch und vor allem im Business-Bereich dominiert das iPad immer noch bei der Nutzung hochwertiger Inhalte. Johannes Haupt analysiert daneben richtig die Entwicklung des Hardware-Marktes fürs digitale Lesen und stellt fest, dass Verlage und andere Content-Anbieter einen strategischen Fehler begehen, wenn sie ausschließlich Richtung Tablets entwickeln. Bei der Frage “Tablet oder eReader” sollte die Antwort für Verlage immer ein klares “sowohl als auch” sein – natürlich mit mediengerecht aufbereitetem Content.

 

Die Technologien zur Umsetzung

Konvergenzen und Partnerschaften: Über den Trend zur Technologie-Konvergenz in den mobilen Ökosystemen hatten wir ja bereits im letzten Update berichtet. Darüber hinaus bahnt sich eine unerwartete Zusammenarbeit von Google und Microsoft bei ihren Systemplattformen an: Google gab jüngst eine Partnerschaft mit VMWare bekannt, um Windows-Desktop-Applikation über eine Virtual Machine auch auf Chrome OS lauffähig zu machen. Noch überraschender aber war die Ankündigung von Microsoft, über Android Apps im Windows App Store nachzudenken. Offenbar ist das Ziel, den Windows App Store zu einem attraktiven Marktplatz zu machen, soweit verfehlt worden, dass man auf technischer Ebene eine enge Kooperation mit der größten Konkurrenz im Online-Bereich erwägt. Sollte dies Wirklichkeit werden, dürfte Android als App-Entwicklungs-Plattform einen deutlichen Aufschwung erleben.

Was tut sich bei den großen Technologie-Konzernen und in den mobilen Ökosystemen?

Apple hat den internationalen Auto-Salon in Genf dafür genutzt, noch einmal massiv die Werbetrommel für seine CarPlay-Initiative zu rühren, mit der iOS auch zur App-Plattform im Auto werden soll. Natürlich ist der Gegner hier Googles Automotive Alliance, und das Werben um Partner war bereits insofern erfolgreich, als mit Mercedes Benz, Ferrari und Volvo durchaus namhafte Marken mit an Bord sind. In Europa dagegen noch weitgehend unbemerkt ist das nächste große Geschäftsmodell: Neben den Hardware-orientierten Projekten für Smartwatches, Fernseher und Autos als Endgeräte wird mit den iBeacons momentan massiv in den Aufbau einer Infrastruktur für Mobile Payment per Smartphone investiert – kein Wunder, denn hier entsteht ein spannender Markt, der auch für reine Service-Anbieter relevant ist.

 

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Apple Carplay: iOS-Apps im Auto, sprachgesteuert per Siri. (Quelle/Copyright: Apple)

 

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Shopping bei Amazon: Per Bilderkennung landet das Produkt direkt im Warenkorb. (Quelle: http://news.cnet.com, Copyright: Amazon)

Auch Amazon investiert und baut seinen Service-Bereich konsequent weiter aus: Das Premium-Programm Amazon Prime wurde kürzlich zwar verteuert, aber dafür wurde ein Instant-Video-Dienst mit ins Portfolio der Leistungen aufgenommen – und die Integration eines eigenen Musik-Streaming-Dienstes ist in laufenden Verhandlungen. Der in den USA bereits laufende Dienst Amazon Fresh zur Bestellung von frischen Lebensmitteln soll im Sommer 2014 auch in Deutschland starten. Eine aus der Sicht der Einzelhändler wahrliche “Killer-Applikation” hat Amazon daneben in seine Shopping-App integriert: Über eine Augmented Reality-Komponente in der App können Produkte in der realen Welt abfotografiert werden. Werden sie korrekt erkannt und sind im Amazon-Sortiment vorhanden, landen sie gleich direkt im Warenkorb des Kunden – der Albtraum jedes Einzelhändlers.

 

Facebook diversifiziert seine Aktivitäten weiterhin: Mit Paper fand im Februar der Launch einer Content-Plattform statt, die als eine Art alternative Facebook-Oberfläche im Stil von Flipboard gehalten ist. Neben einer neuen Optik sollen hier vor allem kuratierte Inhalte eine größere Rolle spielen als in der normalen Facebook-Timeline – mit eventuell weitreichenden Konsequenzen für die Weiterentwicklung beider Plattformen. Weltweit Furore gemacht hat der Kauf des Instant-Messaging-Dienstes WhatsApp. Daneben wird momentan mit dem Drohnen-Hersteller Titan Aerospace über eine Beteilung oder Übernahme verhandelt. Ziel ist hier nicht der Einstieg in den militärischen Markt, sondern die Nutzung von Drohnen als Mobile Internet-Relais-Stationen – im Zuge der Strategie von Facebook als Treiber von internet.org eine durchaus sinnvolle Investition.

 

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Per Drohne zum weltweiten Online-Zugriff? Facebook auf der Suche nach neuen Technologie-Partnern für ihre Initiative internet.org (Quelle: http://techcrunch.com/, Copyright: Titan Aerospace)

 

Auch bei Google wird in diesen Monaten massiv umgebaut: Während die erst vor zwei Jahren erworbene Mobilfunk-Sparte von Motorola Mobile bereits wieder verkauft wurde, setzt der Konzern auf Diversifizierung in jede denkbare Richtung durch Aufkauf von innovativen  Hightech-Unternehmen. Mit Nest wurde ein Anbieter von Smart Home-Geräten integriert, mit Boston Dynamics ein Robotik-Unternehmen und mit Deepmind ein Startup auf dem Gebiet der Künstliche Intelligenz-Forschung. Daneben wird Google zum Infrastruktur-Anbieter: Über Investitionen ist das Unternehmen am größten Solarkraftwerk der Welt beteiligt und baut diesen Bereich weiter aus. Daneben wird das Google Fiber-Programm für breitbandige Glasfaser-Online-Netzwerke nach der Pilotphase auf 34 weitere Städte in den USA ausgedehnt. Das alles spricht dafür, dass Google seine immensen Profite aus dem Geschäft mit der Online-Werbung dafür verwendet, sich für die nächsten Jahrzehnte als umfassender Anbieter für Basistechnologien und Infrastruktur zu positionieren. Ach ja, und Bücher werden in Google Play natürlich auch angeboten: Die Speicherkapazität für das Uploaden eigener Texte wird erhöht. Dadurch wir Google noch attraktiver als Schaltstelle am eigenen Arbeitsplatz.

 

Dieses Produkt will der Kunde

Eine amüsante Kontroverse ging im Februar durch die eBook-Welt: Nach einem wutschnaubend rantenden Artikel des Typographen Friedrich Forssmann auf dem Suhrkamp-Blog gegen Digitalmedien im Allgemeinen und eBooks im Speziellen schlugen die Wellen in den sozialen Netzwerken einige Tage lang doch sehr hoch. Die Diskussionen führten zu einigen hochdifferenzierte Überlegungen zur Entwicklung von Digitalmedien, wie etwa von Zoe Beck bei Culturbooks oder durch Volker Oppmann von Log.OS. Bei Charlotte Reimann findet sich der durchaus berechtigte Appell an die Verlagswelt, beispielsweise einmal das Thema Gestaltung und Typographie von Digitalmedien und eBooks ernst zu nehmen. Und last but not least antwortete Mario Sixtus vom Elektrischen Reporter auf die Digitalmedien-Kritik mit einer Reprise aus der Gutenberg-Zeit.

 

Die Umsetzung

In einem ausführlichen Beitrag zur ZEIT zeigt Benjamin O’Daniel, wie der Umbau eines traditionellen Zeitungshauses zu einer modernen, crossmedialen Bildungsmarke gelingen kann: Mit systematischem und fokussierten Portfolio-Ausbau, attraktiven Digitalangeboten und einer Strategie, die dabei stets die eigene Marke stärkt.

 

Veröffentlicht von

www.dpc-consulting.de

XML- und Digital-Publishing-Professional mit Leib & Seele, seit Berufseinstieg in verschiedensten Projekten rund um Content-Management und Datenbank-basiertes Publizieren unterwegs. Seit 2012 selbständig als Berater und Trainer für digitales Publizieren.