Crowdfunding

In diesem Beitrag gehen wir nach dem Einstieg zu Crowdsourcing auf die Sonderform Crowdfunding ein. Zu Crowdfunding haben wir mehrfach berichtet und Beispiele des Horncastle Verlags oder meta morfoß ausführlich vorgestellt. Neben der Produktion (ich kann mein Buch selber machen und gestalten, so wie der 17-jährige Preisträger des eBooks-Awards) und der Distribution (Amazon erreicht doch eh mehr Kunden als ihr Verlage) bröckelt auch die Bastion der Finanzierung als alleinige Wertschöpfung der Verlage. Wir greifen deshalb das Thema wieder auf und führen zahlreiche Beispiele aus der Branche vor.

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Ein klassisches Crowdfunding-Projekt auf startnext: Martin Schmitz-Kuhl interviewt so unterschiedliche Personen wie Sascha Lobo, Nina Hugendubel, Wilhelm Genazzino, Jürgen Boos oder Felicitas von Lovenberg zur Zukunft des Buches. Hierzu kann man jetzt auf startnext seinen Beitrag leisten und erhält einen konkreten Gegenwert, von Fotos über eBook-Ausgaben bis zum kompletten Interview. Hier zeigt sich, wer sich wirklich für Bücher interessiert.

Crowdfunding ist die bislang populärste Form von Crowdsourcing in­nerhalb der Buchbranche, unter anderem, da die (autoreninitiierten) Crowdfunding-Projekte alle anderen Brancheninitiativen im Crowdsourcing-Bereich in Zahlen deutlich überragen. Diese Er­scheinungsform wird, im Gegensatz zu den bisherigen, primär von Selfpublishern initiiert. Verlage, die bislang Crowdfunding zur Programmfinanzierung einsetzen, sind Unbound (UK), die Münchner Verlagsgruppe mit ihrer Plattform 100 Fans, der Kladde Buchverlag und Feder & Schwert. Die Autoren stellen der Crowd ihre Buchprojekte vor, die Crowd entscheidet durch die Höhe der finanziellen Beiträge über die Realisierung der Projekte. Unbound behält sich eine verlagsinterne Vorauswahl der Projekte vor, 100 Fans nicht. Für die Projektpräsentation und alle Transaktionsprozesse werden entweder verlagseigene oder -fremde Crowdfunding-Plattformen genutzt.

Die Münchner Verlagsgruppe verbindet auf 100 Fans Selfpublishing mit klassischen Verlagsaktivitäten und den Eigenschaften einer Crowdfunding-Plattform: Erreicht ein Selfpublisher mindestens 100 Zahlungszusagen, wird das Buch als E-Book bei der Münchner Verlagsgruppe veröffentlicht.

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Das Beispiel 100 FANS: Hat ein Buchprojekt gar 1.000 Fans, wird es sogar in die gedruckte Verlagsvorschau aufgenommen.

Unbound ist ein konzernunabhängiges, 2011 in Großbritannien gegründetes Start-Up mit sieben Mitarbeitern. Der Geschäftserfolg ist nicht auf hohe Ressourcen oder den Rückhalt durch einen Konzern zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Bekanntheit und Vernetzung der Gründer und Autoren. Das Geschäftsmodell von Unbound beinhaltet eine Veränderung in der Abfolge der Wert­schöpfungsaktivitäten: Zu Beginn der Wertschöpfung legen die Autoren dem Verlag ihre Idee für ein Buch vor, welche geprüft und kalkuliert wird. Der kreative Schreibprozess des Autors erfolgt nicht vorgelagert, sondern erst im Anschluss an die erfolgreiche Crowdfun­ding-Finanzierung – semi-öffentlich im sogenannten „Shed“ (online), zu dem alle Unterstützer Zugang haben. Dort erhalten sie Updates, Einblick in fertige Kapitel und die Kontaktmöglichkeit zum Autor. Die Leser werden somit in den Leistungserstellungsprozess einbezogen. In der Transparenz und im Miterleben des Schreibprozesses besteht Potenzial, die gesunkene Preisakzeptanz wieder­herzustellen.

Die Konzeption und Koordination der Prämien führt zu Abstimmungsbedarf und erfordert Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse der Zielgruppe. Zwei der Verlagsmitarbeiter kümmern sich in erster Linie um die Abläufe auf der Crowdfunding-Plattform.

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Das Beispiel Unbound: Crowdfunding ermöglicht es Unbound, Autoren aus der zweiten und dritten Reihe eine Chance zu ermöglichen.

 

Zudem existieren buchmarktspezifische Interpretationen von Crowdfunding in Kombinati­on mit dem Open Access-Ansatz: Auf dem Marktplatz Unglue.it können bestehende Bücher zum Zweck der freien Nutzung freigekauft werden. Rechteinhaber, die ihre Werke DRM-frei vertreiben, können auf der Plattform Spendengelder sammeln. An diesem und einem ähnlichen Geschäftsmodell nimmt unter anderem De Gruyter teil: Die Initiative „Knowledge Unlatched“ richtet sich an Biblio­theken, die gemeinsam einen Betrag zur freien Nutzung ausgewählter Titel crowdfunden.

Crowdfunding wurde außerdem zur Finanzierung des Gerichtsprozesses um den „Wanderhurenstreit“ und Crowdin­vesting zur Finanzierung der Betaphase des Start-Ups Readfy eingesetzt.

Die Autorin dieses Artikels, Saskia Letz, untersuchte in ihrer Bachelor-Thesis die Auswirkungen und Potenziale von Crowdsourcing auf die Wertschöpfungskette in Buchverlagen. Die wissenschaftliche Arbeit erscheint demnächst bei ikosom ((http://www.ikosom.de/)). Auf http://saskialetz.jimdo.com/publikation/ haben Sie die Möglichkeit, in die Thesis hineinzulesen. Per E-Mail an saskialetz@yahoo.de können Sie auf die Interessentenliste gesetzt und bei Erscheinen der Publikation informiert werden.