Eineinhalb Jahre nach der Einführung des iPads hat das Pew Research Center’s Project for Excellence in Journalism in Zusammenarbeit mit der Mediengruppe The Economist eine Studie zum Nachrichtenkonsum auf dem Tablet vorgestellt. Die Studie hat eine gute Nachricht im Gepäck: Sich über aktuelle Nachrichten zu informieren (ob durch Lesen, Hören oder Ansehen), gehört mit zu den beliebtesten Tätigkeiten auf dem Tablet. Die schlechte:
Dafür zahlen wollen die wenigsten.
Eindeutig ist auch zu erkennen, dass sich das Gerät zu einem zentralen Bestandteil des Alltags entwickelt. Das Surfen im Internet, das Lesen von Nachrichten, das Chatten mit Freunden und Spiele – das Gerät eignet sich hervorragend dafür.
Vor allem Zeitschriften und das Fernsehen müssen sich auf dieses neue Gerät einstellen, denn es substituiert Print bzw. den Fernseher. Bücher kommen vorerst nur am Rande vor.
Das bestätigt die Einschätzung der Analysten, dass das Tablet bald wichtiger werden wird als der PC. (Siehe auch unsere Beiträge zu den eBook-Zahlen https://www.smart-digits.com/2011/10/zahlen-zum-ebook-markt/, den Trends für 2012 https://www.smart-digits.com/2011/10/die-trends-per-q4-2011/) und der Tabletstrategie von Amazon und Weltbild https://www.smart-digits.com/2011/10/tablet-oder-ereader-amazon-oder-apple-und-was-macht-weltbild/#more-695.)
Zur Analyse
Neben mehreren quantitativen Erhebungen unter erwachsenen US-Amerikanern, beruhen die Ergebnisse auf zwei ausführlichen Befragungen einer repräsentativen Gruppe von 1159 Tablet-Usern. Davon wurden 894 als tablet news user identifiziert. Mitglieder einer ausgewählten Gruppe wurden zu ihren Gewohnheiten über die letzten sieben Tage befragt. Die Befragungen fanden zwischen Juni und September 2011 statt.
Allgemeine Fakten
11% der erwachsenen US-Amerikaner besitzen inzwischen ein Tablet,
wobei der Marktanteil des iPad weiterhin bestimmend ist (81%). 46% der
Tablet-Besitzer sind zwischen 30 und 49 Jahre alt, 32% über 50, nur 22% jünger
als 30. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sind sie besser ausgebildet und verdienen
mehr – und sie sind überdurchschnittlich affin für Online-Nachrichten.
Das Tablet hat sich zum Alltagsgerät entwickelt. In der Hälfte der Fälle sind auch andere Haushaltsmitglieder Nutzer. 77% der Befragten nutzen es jeden Tag, und zwar im Schnitt 90 Minuten lang. 53% verfolgen damit täglich aktuelle Nachrichten. Eine ähnlich beliebte Tätigkeit auf dem Device ist das E-Mailen (54%), dahinter rangieren Social Networking (39%) und Spiele (30%). Seltener werden eBooks gelesen (17%) oder Filme und Videos angesehen (13%). Am meisten wird das Gerät zum Surfen im Internet genutzt (67%).
Die Medien-Substitution schreitet voran. Vor allem Nachrichten, die bislang online über den PC oder Laptop bezogen wurden, werden jetzt auf dem Tablet rezipiert (79%). Bei 59% ersetzt das Tablet die Printzeitung oder -Zeitschrift, bei 57% das Fernsehen.
Der Tablet-Nutzer, ein Nachrichtenjunkie?
30% der tablet news user investieren seit der Geräteanschaffung mehr Zeit in aktuelle Nachrichten als vorher, weniger investieren nur 4%. Ein Drittel deckt seinen Informationsbedarf bei Quellen, die vorher nicht bekannt oder genutzt wurden, wobei nicht unbedingt auf die alten verzichtet wird.
Dass es auf dem Tablet möglich ist, sowohl Schlagzeilen zu überfliegen als auch längere Artikel zu lesen, wird als klarer Vorteil gegenüber dem PC/Laptop und Printmedien gesehen. Die Untersuchung zeigt auch, dass Tablet-Nutzer Nachrichten lieber lesen oder hören, als sie im Fernsehen zu verfolgen – sie wollen die Dinge besser verstehen. Dazu passt, dass 42% regelmäßig längere Artikel und Analysen rezipieren. Welche, darüber entscheidet häufig auch der Zufall. Viele kehren später zu gemerkten Artikeln zurück. Mehr als vier Fünftel sprechen mit anderen über die gelesenen Artikel. Nur halb so viele hingegen teilen sie auch elektronisch.
Etliche Nutzer sehen durch das Tablet eine generelle Verbesserung: 38% geben an, dass es einfacher ist, auf dem Gerät Neues zu erfahren, und knapp ein Drittel findet den News-Konsum auch unterhaltsamer als bei anderen Medien. Die deutliche Mehrheit erkennt zwar hier jeweils keinen Unterschied, aber nur bei ganz wenigen schneidet das Tablet schlechter ab.
Power-Consumer kommen per App
Apps von Nachrichten-Anbietern (der beliebteste ist übrigens CNN, danach folgt die New York Times) sind auf zwei Dritteln der Tablets zu finden. Dennoch ist der Browser als Zugang zu aktuellen Informationen noch wichtiger. Ihn nutzen 40% hauptsächlich, während nur 21% über eine App auf Nachrichten zugreifen. Allerdings konsumieren die App-Nutzer auch intensiver. Sie informieren sich häufiger, gehen eher zu neuen Anbietern und investieren vergleichsweise mehr Zeit als die Browsernutzer. Gleichzeitig bewerten sie den Spaßfaktor auch höher.
Zahlungsbereitschaft gering
Viele Anbieter gewähren ihren Print-Abonnenten freien Zugang zum digitalen Angebot. So zum Beispiel der Condé Nast Verlag, der mit seinem „all access plan“ eine Multichannel-Strategie verfolgt und momentan neun Zeitschriften (The New Yorker, Wired, Glamour u.a.) auch für iPad und Android anbietet.
In den Genuss eines eMags per Print-Abo kommen 23% der Befragten.
Nur 14% gaben an, für den Nachrichtenbezug direkt bezahlt zu haben. Von den übrigen sind nur etwa ein Fünftel bereit, 5$ pro Monat zu zahlen, wenn dies die einzige Möglichkeit wäre, Inhalte vom bevorzugten Anbieter zu beziehen. Und auch bei den App-Nutzern ist die Zahlungsbereitschaft gering: Für 83% waren niedrige oder gar keine Kosten entscheidend für den Download. Genauso wichtig ist in dieser Gruppe allerdings auch, dass die Nachrichten von einem bevorzugten Anbieter kommen – hier wiederum liegt eine Chance. Die große Mehrheit (65%) nutzt ohnehin nur ein bis drei Quellen bzw. Apps, um ihren Nachrichtenbedarf zu decken.
Zeitschriften: Beliebt und jetzt ein Boom
In der Studie gaben 22% an, mindestens einmal die Woche ein Magazin zu lesen – damit liegt der Anteil deutlich höher als bei der Gesamtbevölkerung (8%). 14% geben an, sogar häufiger als vorher auch alte Ausgaben zu lesen.
Doch womöglich sind diese Zahlen schon überholt durch den Apple Newsstand, der für einen regelrechten Boom im digitalen Zeitschriftenmarkt gesorgt hat. Hier kann der Kunde Zeitschriften anlesen und durch einen Klick herunterladen, wobei der Download im Hintergrund läuft. Gerade mal zwei Wochen nach dem Start des neuen Kiosks vermeldeten zwei US-Verlage bereits Erfolgszahlen. Condé Nast gab bekannt, die digitalen Aboverkäufe seien um 268% gestiegen, die Einzelverkäufe um 142%. Hearst hatte zuvor verlautbaren lassen, die 300.000-er Marke bei den digitalen Verkäufen geknackt zu haben, wobei hier die Publikationen neben iTunes auch im digitalen US-Kiosk Zinio und
per eReader Nook vertrieben werden.
Hier der link zur Studie:
http://www.journalism.org/analysis_report/tablet
Die wichtigsten Zahlen finden sich in der PEJ-Infografik:
http://features.journalism.org/2011/10/25/tablet-revolution
Und hier der link zu den ersten Erfahrungen mit Apples Newsstand im iTunes-Store:
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