Cross-Channel-Commerce und die Zukunft des Handels

Wie immer dienen Jahreswechsel der Glaskugelschau. Vor vier Jahren hatten wir auf Gartner verwiesen und deren Einschätzung, dass 50% des Handels Online und Mobile erfolgen werden. Die Prozentzahlen waren zu hoch gegriffen, aber die Richtung stimmte, denn Wachstum verzeichnet einzig der e-Commerce:  Dessen Anteil  liegt in Deutschland bei ca. 15%, rechnet man die Lebensmittel nicht mit ein. Das sind dem HDE folgend ca. 42 Milliarden Euro Umsatz, laut deals.com sollte der Umsatz 2016 bei ca. 64 Milliarden Euro liegen.

Folgt man dem Institut für Handelsforschung, ist Cross-Channel-Commerce das Gebot der Stunde, denn die reinen e-Commerce-Anbieter haben Konkurrenz bekommen durch den lokalen Handel: Man bietet seine Waren über alle Wege an, die die eigene Kundschaft nutzt. Dabei verknüpft man jedoch auch die Analysen der unterschiedlichen Touchpoints zum Kunden und verbessert so die Produktentwicklung. Beispielhaft ist hier das Strategiepapier der Metro-Groupman steigert kontinuierlich den Onlineumsatz bei Wachstumsraten von über 100% und investiert in Start-ups, die das “digitale” Kundenerlebnis verbessern.

media saturn

Die Metro Group will zum Partner der Kunden werden und ihm eine Orientierung bieten im digitalen Dschungel. Und dafür wollen sie sich auf Zielgruppen konzentrieren, für die sie eine Marke und die passenden Formate entwickeln. Diese Textbausteine dürften einigen Medienunternehmen bekannt vorkommen. Aber es geht um mehr als das: Durch die Formulierung einer klaren Strategie werden auch Meilensteine sichtbar und taktische Maßnahmen lassen sich logisch daraus ableiten. Man wird schneller und fokussiert.

 

 

Im Strategiepapier von Media-Saturn spiegeln sich die Empfehlungen der BITKOM zum Thema Cross-Channel-Commerce: Er bedeutet immer tiefgreifende Einschnitte in der Organisationsstruktur, eine veränderte Haltung zum Kunden und ein Bewußtsein für Change (siehe Seite 7 der Studie der BITKOM). Er funktioniert nur richtig, wenn er nicht als reine Aufgabe des Vertriebs gesehen wird, sondern als Teil eines umfassenden Wandels. Die (digitale) Logistik und die Beherrschung von Prozessen rücken noch mehr in den Vordergrund.

bitkom cross channel

Es gibt mehrere Schritte hin zum Cross-Channel-Unternehmen. Erst eine Rückkoppelung der Cross-Channel-Aktivitäten mit der Produktentwicklung und der Kundenanalyse nutzt das Potenzial und schafft auch neue Wertschöpfung (Quelle: BITKOM).

Die zwölf Thesen zum Cross-Channel-Commerce der BITKOM sollte man sich genau ansehen, um im Handel der Zukunft auch mit dabei zu sein. Hier nochmal in der Zusammenfassung:

These 1: Erfolgreicher Cross-Channel-Commerce verändert die DNA von Handelsunternehmen.

These 2: Cross-Channel-Commerce gestaltet den urbanen Raum der Zukunft.

These 3: Konsumenten wissen, was sie wollen; sie wissen, was möglich ist und fordern das von Handel und Logistik auch ein.

These 4: Logistik ist wettbewerbsentscheidend für Cross-Channel-Konzepte.

These 5: Sinnvoller Technologieeinsatz ist die Voraussetzung – aber klassische Handelstugenden wie guter Service und gutes Fulfillment sind im Cross-Channel-Commerce die wichtigsten Erfolgsfaktoren.

These 6: Cross-Channel-Commerce macht den Handel wettbewerbsfähiger gegenüber Online-Strategien von Herstellern und Marken.

These 7: Handelsunternehmen müssen ihre markenspezifischen Alleinstellungsmerkmale in jedem Kanal überzeugend umsetzen, um im Cross-Channel-Commerce erfolgreich zu sein.

These 8: Die Durchdringung mit Mobile zwingt Händler zum Aufbau von Cross-Channel-Kompetenzen.

These 9: Die Paketzustellung wird individualisiert.

These 10: Cross-Channel-Commerce setzt auch Verbundgruppen zwischen alle Stühle.

These 11: Nachhaltig erfolgreiche Cross-Channel-Konzepte erfordern ein ganzheitliches Management von PreSales-, Sales- und After-Sales-Prozessen.

These 12: Es gibt keine Blaupause für Cross-Channel-Commerce – Hersteller und Händler benötigen für Reaktionen auf disruptive Ereignisse flexible branchen- und produktspezifische Konzepte.

bitkom empfehlungen

Cross-Channel-Commerce wird vor allem durch die Durchdringung der mobilen Geräte zunehmen. Die Kunden informieren sich online, tauschen sich über die sozialen Netzwerke aus und nutzen natürlich sämtliche zur Verfügung stehenden Medien, gedruckte wie digitale. Das gute Zusammenspiel von persönlichem Kontakt, der Recherche und dem Kauf in Onlineshops sowie der Information über Printmedien ist dabei wichtig. Nur dann ist ein durchgängiges Kundenerlebnis gewährleistet (Quelle: BITKOM).

 

 

 

Will man das digitale Geschäft nicht ganz den GAFAs (Google, Apple, Facebook und Amazon) überlassen, dann führt leider kein Weg an der digitalen Präsenz vorbei. Und auch das viel bemühte Bild der customer journey wird alle noch lange beschäftigen. Denn zum Kunden hat man durch die digitale Welt viele “Touchpoints”, deren Botschaften sich nicht widersprechen sollten. Eine Hauptaufgabe ist das Managen all dieser neuen Kontaktstellen zum Kunden, ohne dass man über viel mehr Geld und Zeit verfügt. In der Fülle der neuen Möglichkeiten, muss man jedoch klug abwägen, was man macht, denn man kann nicht überall gleich gut SEO, SEM oder die sozialen Netzwerke pflegen. Man muss Schwerpunkte setzen, denn nicht alle Trends lohnen sich für jeden. Als ein Beispiel sei nur das viel diskutierte Thema der Personalisierung und Ausstattung der Läden mit mobilen Geräten genannt (Douglas stattet gerade alle seine Filialen damit aus). Das kann für manche Branchen und Händler sinnvoll sein, aber viele Kunden lehnen das z.B. vor allem am POS noch ab, weil der Eingriff mehr Unwohlsein hervorruft. Uberall hat in diesem Sinne eine kritische Einschätzung gegeben zu den fünf Trends Geofencing/Geotargeting, Indoor Navigation, Drive-Through-Shopping & Click&Collect, QR-Code-Shopping und digitaler Spiegel.

bitkom customer journeys

Die customer journeys der jeweiligen Kunden und die Touchpoints zu ihnen müssen erfasst und regelmäßig überprüft werden. Dann werden die Erkenntnisse über die Kunden auch richtig genutzt und können zu verbesserten Angeboten und neuer Wertschöpfung führen (Quelle: BITKOM).

 

 

 

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.