Wozu braucht man eigentlich heute noch Buyer Personas?

Buyer Personas sind nicht neu. Darunter versteht man einen beispielhaften Kunden, den man sich vorstellen und ausmalen kann. Die Buyer Persona ist ein Abziehbild und die Summe aller (Vor)urteile über eine Zielgruppe, sie ist der kleinste gemeinsame Nenner aller Erfahrungen zu Zielgruppen.  Sie sind schon früh mit der Entstehung des Marketings aufgetaucht, erst geisterhaft, dann immer konkreter. Und in den 90ern wurden sie in der Produktentwicklung genutzt, um bei der Konzeption und Programmierung digitaler Angebote jemanden vor Augen zu haben, wenn man vor endlosen Codes und vor lauter Wald die Bäume nicht mehr sieht. Man führte sie ein, um aus abstrakten Vorstellungen zu einem Produkt und einem nichtssagenden Briefing (“Unser neuer Webauftritt soll vor allem innovativ sein.”) eine sinnvolle Anleitung für die Produktentwickler zu entwerfen. Aber in Zeiten der Big und Smart Data stellt sich die Frage, ob man sie überhaupt noch braucht. Vor einem Jahr haben wir dargestellt, wie man über Facebook seine Zielgruppe analysieren kann und wie das im US-Wahlkampf genutzt wurde. Data driven Marketing ist nicht nur auf der bevorstehenden Leipziger Messe in aller Munde und heute macht Facebook Schlagzeilen, weil es ein Patent angemeldet hat, um seine Kunden in Arbeiter-, Mittel- und Oberklasse einzuteilen. Sind Buyer Personas out?

Dazu ist es hilfreich, sich noch einmal die Gründe für den Einsatz von Buyer Personas vor Augen zu halten: Wozu braucht man Buyer Personas?

Man kann die Bedürfnisse der Zielgruppe erfassen

Käufer sind real. Sie haben schon einmal den Geldbeutel gezückt. Aber man kennt sie nicht alle und sie lassen sich nicht alle befragen. Zielgruppen sind alle potenziellen Käufer – und damit für Wachstum entscheidend, denn kaum jemand wird 100% Marktdurchdringung haben. Sie bilden den Markt besser ab, sind aber abstrakt in der Vorstellung. Buyer Personas bieten die Möglichkeit, den realen Käufern und den potenziellen Zielgruppen ein Gesicht zu geben. Sie braucht man, um den Bedürfnissen der (möglichen) Käufer auf den Grund zu gehen und sie zu erfassen.

Sie helfen bei der Entwicklung von Marken

Marken verkaufen Produkte und Marken werden durch emotional gesteuerte Botschaften entwickelt. Marken werden immer wichtiger, um überhaupt Sichtbarkeit in der digitalen Welt zu erhalten. Will man seine Zielgruppen richtig ansprechen und eine Marke aufbauen, dann muss man seine Botschaften konsistent entwickeln. Dazu muss man die Bedürfnisse erfassen. Und Bedürfnisse sind nie abstrakt. Man braucht Buyer Personas, um diese zu erkennen.

Sie fokussieren

Im Unternehmen gibt es so viele Vorstellungen vom Kunden wie Mitarbeiter. Man muss sich aber fokussieren und strategische Leitplanken setzen. Sonst gehen die Anstrengungen nicht in dieselbe Richtung. Buyer Personas helfen dem Unternehmen, die verschiedenen Vorstellungen von den eigenen Kunden abzugleichen. Sie helfen, sich zu konzentrieren. Denn man entwickelt nur eine Auswahl von Personas und läuft nicht jedem Kundenkontakt nach.

Sie geben die entscheidenden Impulse bei der Produktentwicklung

Bei der Entwicklung neuer Angebote muss man laufend Entscheidungen treffen, obwohl der Markt noch gar keine Erfahrungswerte liefert. Ob jetzt Snapchat wirklich wichtig ist, AR das Unternehmen voranbringt oder blockchain die Prozesse verbessert? Das weiß man erst, wenn man es ausprobiert hat. Um aber die Details für das minimal viable product (siehe unseren Artikel hierzu) richtig zu gestalten, braucht man eine möglichst genaue Beschreibung der Nutzungssituation.

Diese liefern Buyer Personas. Sie sind nicht ganz so festgefahren wie reale Käufer (“Hätte ich meine Kunden gefragt was sie wollen, hätten sie gesagt “schnellere Pferde” – diesen Spruch von Henry Ford hört man heute auf vielen Veranstaltungen) und zeigen die Möglichkeiten auf – und sie sind nicht so abstrakt wie rein datenbasierte Nutzungsmodelle, die auch nur das Ist abbilden können, ohne auf die Markenentwicklung zu achten.

 

Reduziert man “Buyer Personas” lediglich auf Fotos und erste Annahmen zur Zielgruppe, dann nutzt man nicht das Potenzial. Denn “Buyer Personas” können helfen, die Beweggründe für den Kauf meiner Leistungen richtig zu erfassen. Und sie liefern mir ein konkretes Bild aus all den verschiedenen Daten über Märkte und Kunden, das man versteht. Aus diesem Grund haben wir in einem Buch zwei Schwerpunkte gesetzt, die bisher noch nicht behandelt wurden: 1. Wie man durch die limbic map die (unbewussten) Wünsche besser erfasst und in Angebote übersetzt. 2. Wie man die vielen Daten aus dem Netz nutzt, um das Bild der eigenen Kunden in Form von Buyer Personas fassbar zu machen.

 

Alle zwei Jahre verdoppeln sich ca. die Informationseinheiten weltweit. Jeder hat das Gefühl, ein Getriebener zu sein. Aber genetisch haben wir uns nicht weiterentwickelt. Trotz Digitalisierung tritt die Pubertät immer noch nicht im ersten Lebensjahr ein und wir versuchen nach wie vor, Zusammenhänge in unser kurzes Leben zu bringen. So wie unser Bewusstsein aus tausenden von Daten immer nur die gerade relevanten ausfiltert, so bilden auch Buyer Personas diesen Prozess beispielhaft ab. Sie helfen bei der Fokussierung der eigenen Gedanken, des Unternehmens und der Entwicklung der richtigen Produkte! Sie sind ein Anker in der Fülle der Daten.

Heißt das, dass Buyer Personas Daten ersetzen? Nein, natürlich nicht. Sie sind der missing link zwischen den vielen Daten und den eigenen Vorstellungen von der Welt, die wie sowieso laufend produzieren. Buyer Personas sind heute nicht mehr nur ein paar Bilder an der Wand, sondern diese Bilder wurden vor allem aus Daten gewonnen. Sie repräsentieren den Markt deshalb besser als andere.

(Für einen Blick in unser Buch bitte hier klicken.)
Siehe auch unsere anderen Beiträge:
So entwickelt man eine Buyer Persona in vier Schritten
Warum man Buyer Personas für die Bewertung von Technologien braucht
Was haben Buyer Personas mit Metadaten zu tun?
Und hier zum Podcast zum Thema.

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.