iversity, MOOC und die Weiterbildung

Universitäten werden zu Verlagen und die Weiterbildung erfolgt zunehmend online.  Die etablierten Schulbuch- wie Lehrbuchverlage reagieren mit eigenen Plattformen wie scook oder entwickeln gegen Apples iBooks author eigene Softwarelösungen wie smart book bei McGraw-Hill oder Springer. Jugendliche begeistern sich für ihr Smartphone und gehen doch gerne in Bibliotheken.
Der Markt ist in dieser Umbruchsphase schwer auf einen Nenner zu bringen.
Fastcompany hat nicht zu unrecht den Bogen recht breit gespannt in seinem Hinweis auf die wichtigsten Unternehmen für die Weiterbildung,von Twitter bis Donorschools, von Inkling bis Knewton. Es geht um das Sammeln von Daten und die staatliche Unterstützung von eigenständigen Projekten genauso wie um Produktionssysteme und den Aufbau eigener Universitäten in den großen Ökosystemen.
An dieser Stelle wollen wir anhand der Entwicklungen von Plattformen wie iversity ein Schlaglicht auf den Markt werfen, wohl wissend, dass es nicht mehr sein kann als das.

Iversity ist zunächst gestartet als Plattform zum Austausch von Akademikern mit dem Ziel, durch social reading und die Diskussion um Inhalte eine Alternative zu bieten. Hochschulübergreifend sollten diese nicht mehr nur in gedruckten Werken und PDFs verschlossen bleiben, sondern ihr digitales Potenzial entfalten (hier ein Screenshot des ersten Auftritts vor zwei Jahren).

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Wie bei allen start-ups erfolgt nach einer ersten Phase schnell eine Fokussierung auf ein paar wenige der vielen Möglichkeiten durch die Digitalisierung. Man muss sich in der Fülle entscheiden und das auch richtig gut machen. Sonst hat man keine Chance – außer man heißt Google oder Amazon, hat Investoren in den USA, die erstmal nur auf Reichweite setzen und kann dann gleich ein ganzes Ökosystem aufbauen. So auch bei iversity: Man kann schwerlich alle Professoren und Forschungsgruppen durch social reading revolutionieren, wenn diese das sowieso z.T. selbst über eigene Plattformen (moodle und mandeley seien hier nur beispielhaft genannt) machen und zudem in ihrer akademischen Karriere nicht immer nur durch Austausch weiterkommen.  Denn wer teilt schon gerne mit anderen, wenn es doch immer auch darum geht, der Erste und Einzige zu sein, der die Entdeckung für sich verbuchen kann. Deshalb scheinen bei iversity der Schwenk und die Konzentration auf die Erstellung von offenen Onlinekursen stimmig. Mittlerweile hat sich iversity zu einer Plattform mit einem großen Angebot an kostenlosen Onlinekursen (MOOC= Massive Open Online Courses) entwickelt und zum Start berichtete Martin Weigert von netzwertig von über 100.000 Teilnehmern. Das reicht noch nicht aus, um genügend Geld zu verdienen, aber es zeigt die massiven Veränderungen im Markt und dass die Bereitschaft groß ist, Neues auszuprobieren.
Nun sind Onlinekurse und Videos zu Lehrveranstaltungen per se noch kein Geschäftsmodell. Auch Plattformen wie ununi.tv oder Pink University bieten das an und konkurrieren natürlich wie alle anderen vor allem mit youtube und all den kostenlosen Angeboten im Netz.

Eine neuere Studie der Universität Augsburg und des Verbands Bildungsmedien zeigt, dass nach einem raschen Anstieg von Angeboten im Bereich MOOC auch bald wieder ein Rückzug erfolgt. Verständlich, denn auch hier kann sich nur Qualität durchsetzen und bei der Aus- und Weiterbildung zählen immer auch Zeugnisse. Und diese sind immer nur etwas wert, wenn das Niveau hoch gehalten wird und der Absender einen Markenwert erreicht hat.

Iversity muss als Marke so stark werden wie eine Hochschule. Und dazu muss es in der Lage sein, Wissen sehr gut zu vermitteln, ohne die Infrastruktur einer Hochschule nutzen zu können.
Die fehlende Präsenz kann durch andere Fähigkeiten ausgeglichen werden wie die 24×7-Verfügbarkeit, die Nutzung von Inhalten am eigenen Arbeitsplatz und die anderen, bekannten Vorteile. Wichtig für das Unternehmen ist der folgende Punkt:
Man kann und muss digital die Daten der Kunden anders und besser sammeln und analysieren. Dem folgend müssen die Produkte verändert und verbessert werden. Auf dass sie sich den Kunden besser anpassen.

Das ist durch Onlinekurse leichter möglich. Und wenn wie bei iversity die Verknüpfungen der Studenten untereinander, die Rückkoppelung mit den Dozenten, der Einbau von kurzen Tests etc. eingebaut wurden, dann sind das die ersten Schritte, um hier besser zu werden. Es ist der Aufbau von Kompetenz, der hier und an vielen anderen Hochschulen parallel erfolgt, und in den nächsten Jahren dazu führen kann, eine bessere Verknüpfung herzustellen: blended learning at its best. Und es kann den Unterschied zu manchen Hochschulen markieren, die das nicht systematisch angehen und diese Kompetenzen entwickeln wollen. Für Verlage eine unruhige Botschaft, denn sie suchen eigentlich immer gerne nach etablierten Produktformen, die sie gerne verkaufen wollen. Sie sollten sich deshalb in diesem Fall eher auf Services einstellen.

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Alle müssen mit den neuen Medien Erfahrungen sammeln und erkennen, wo und wie persönliche und digitale Präsenz sinnvoll kombiniert werden, so gedruckte und digitale Informationen zusammenspielen und wo Text, wo Bild, wo Bewegtbild einen Mehrwert schaffen.
Da sich alle zur Zeit mit den Technologien ändern, bleibt als Konstante nur eine konstante Anpassung. Der Eishockeystar Wayne Gretzky soll auf die Frage, warum er auch aus unmöglich erscheinenden Positionen so oft aufs Tor geschossen habe, geantwortet haben: Der Schuss, den du nicht abgibst, ist zu 100% kein Tor.

 

 

 

 

 

Meine Schwerpunkte sind die strategische Entwicklung von Unternehmen, die Gestaltung der passenden Geschäftsmodelle und die Kundenanalyse - das klingt nach trockenem Brot. Aber es kann sehr kreativ, anregend und erfüllend sein. Mit dem Master "Digital Media Manager" in München lehre ich Medienkompetenz als Zusammenspiel von Geschäftsmodellen, Technologiebewertung und medialer Kommunikation. Aus meiner Erfahrung als Produktmanager, Verlagsleiter und Geschäftsführer beim Carl Hanser Verlag und Haufe-Lexware kenne ich das Mediengeschäft und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Mit Partnern entwickle ich Plattformen wie flipintu oder lectory und digitale Lernmethoden mit dem Goethe-Institut und verschiedenen Universitäten. Man muss etwas selber erfahren, um es auch vermitteln zu können. Nicht dass ich ein Fan von Steve Jobs wäre, aber seine legendäre Rede in Stanford ist klug und das Motto passt: Stay hungry. Stay foolish. Das Leben ist zu kurz, um es mit sinnlosen Meetings und Phrasen zu vergeuden.