Ein gedrucktes Buch lesen können ist eine wichtige Kompetenz, die jeder beherrschen sollte. Aber genauso muss die Jugend lernen, wie sie mit den digitalen Medien umgehen soll, wo ihre Vor- und Nachteile liegen. Denn sie nutzen diese Medien eh. Also wäre es besser, dies auch im Unterricht zu lernen. Und dazu reicht kein Computerführerschein. Das muss man sich im Unterricht mit den Lehrern erarbeiten. An Schulen ist klar, dass ein Whiteboard allein noch keinen Unterricht mit digitalen Medien ermöglicht. Dazu braucht es drei Dinge: Lehrer, die das wollen, Lehrer, die das können, und genügend Materialien, die sich dafür eignen. Und an allen drei Fronten wird gerungen.
Dass die Digitalisierung nicht alle Märkte von heute auf morgen umdreht, das wissen wir mittlerweile. So brauchte z.B. der eBook-Markt auch ein paar Jahre und die gute Usabilty vom Amazon Kindle und den Apple Tablets, obwohl technologisch auch viel früher Lösungen auf dem Markt waren. Denn die wichtige Zielgruppe der Vielleserinnen wollte sich nicht wie Nerds in aufwändige Registrierungspfade locken lassen, um ein Buch zu lesen. Das hatten Steve Jobs und Jeff Bezos verstanden und ihre Produkte so einfach gestaltet, dass sich jeder damit anfreunden konnte.
Dass aber eine Rückkehr zu alten Gewohnheiten auch nicht mehr möglich ist, wenn die neuen Systeme einmal greifen, das wissen wir auch, z.B. im Markt für Lexika, Wörterbücher oder Loseblattwerke. Hier geben digitale Lösungen den Ton an und das Gedruckte findet sich nur noch in Nischen, wie Könige im Exil.
Wie wir an anderer Stelle am Beispiel von bettermarks schon erläutert haben, können digitale Angebote das Lehrbuch komplett ersetzen. Und dann gibt es auch kein Halten mehr. Wer sich schon einmal auf Kongressen und Seminaren mit Lehrern unterhalten hat oder mit ihnen an digitalen Lösungen arbeitet, der weiß, dass Lehrer dann auf die Digitalisierung setzen, wenn sie die Unterstützung der Schulen und Eltern haben, genügend Material und eine einfache Handhabung möglich ist.
Die Vorteile digitaler Angebote zeigen sich leider erst immer nach einer längeren Einarbeitung. Bis die neuen Systeme stehen, Erfahrungen gemacht wurden und alle überzeugt sind, vergeht viel Zeit. Nicht immer haben alle Zugang zum Netz, die Technik streikt mitunter und die Eltern sind oft genauso unwissend wie die Lehrer. Sie benötigen selber Schulungen und diesen Aufwand scheuen noch viele. Aber wenn Angebote wie bettermarks, lectory, repetico oder andere einmal angenommen werden, dann sind sie effektiver.
Die Vorteile digitaler Angebote liegen für die Schulen auf der Hand.
- Die Einarbeitung neuer Schüler oder das Nachholen bei Krankheit ist viel einfacher zu steuern.
- Lernen wird sichtbar: Die Lehrer erkennen, was die Schüler wirklich machen und auf welchem Stand sie sind. Das hat nicht nur etwas mit Kontrolle zu tun, sondern auch viel mit Förderung: Wenn ein guter Pädagoge die Schwachstellen schneller erkennt, kann er darauf reagieren.
- Die effektive Arbeitszeit kann deutlich verlängert werden. Allein am Beispiel des Sprachunterrichts wird deutlich, wie viel mehr “Sprechzeit” Schüler durch digitale Medien erhalten als im Unterricht. Und durch die neuen Medien können die teuren Sprachlabore der 80er Jahre kostengünstiger und flächendeckend wirken.
Der TED talk zu Virtual Reality und Lernen zeigt, dass die nächste Revolution bevorsteht: Augmented Reality wird das Lernen auch noch einmal auf eine andere Stufe bringen. Der Hype um Pokemon Go ist ein offensichtlicher Beweis für die Macht und den Einfluss dieser Technologie. Und wer sich die Webseite von Magic Leap ansieht, kann sich gut vorstellen, dass Schüler künftig lieber ein wenig mehr AR wollen und weniger Whiteboards.
Medienkompetenz ist eine zentrale Kompetenz in einer Informationsgesellschaft
Die Bildungsministerien sind aufgewacht, sie fördern die Entwicklung, nicht zuletzt auch durch die gesellschaftlichen Realitäten: Die Wirtschaft braucht junge Menschen, die sehr bewusst mit digitalen Medien umgehen können und die Eltern brauchen Unterstützung bei der Vermittlung digitaler Kompetenzen. In Bayern sind das Projekte wie lernreich 2.0, die im Rahmen eines Bildungspaktes Innovationen an den Schulen vorantreiben.
Denn Medienkompetenz heißt heute nicht mehr, dass man auch einen Vortrag mit Power Point halten kann. Es bedeutet im Kern “Metakognition”: Ich muss meinen Standpunkt erkennen, von dem aus ich etwas begreife. Erst wenn ich den Kontext kenne und das Medium, dann kann ich verstehen. Es ist eine Quellenkunde 2.0, die auf die Schulen zukommt und nicht alle Lehrer sind darauf vorbereitet. Sie müssen es aber, um ihre Schüler in eine Welt zu entlassen, die mehr ist als ein Curriculum.
Und weil Medienkompetenz nur erfahrbar wird, wenn man sich Inhalten auch mit verschiedenen Medien nähert, müssen digitale Medien zusammen mit den klassischen Angeboten kombiniert werden. Erst wenn der Schüler einen gedruckten Text gelesen hat, ihn auf einer kollaborativen Plattform wie lectory oder google docs mit anderen kommentiert hat und daraus einen Vortrag, eine Vorlage für eine Klausur und einen poetry slam erstellt, der auf Facebook und Snapchat geteilt wurde, erst dann versteht er die Unterschiede und den Wert der jeweiligen Medien.
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